Warum richtet sich das Immunsystem gegen den eigenen Körper?

Eigentlich soll uns das Immunsystem schützen. Dafür sorgt ein zufällig zusammengewürfeltes Puzzle aus Immunzellen, die miteinander kommunizieren.

Eigentlich soll uns das Immunsystem schützen. Dafür sorgt ein zufällig zusammengewürfeltes Puzzle aus Immunzellen, die miteinander kommunizieren. Bei Autoimmunkrankheiten wie Rheuma oder Multipler Sklerose schießen Zellen aber über das Ziel hinaus und bekämpfen den eigenen Körper. Mit neuen Biomarkern wolle man diese künftig rascher aufspüren, sagt der Wiener Immunologe Winfried Pickl.

Um sich zu schützen, produziert der Körper Millionen T- und B-Lymphozyten, kurz als T- und B-Zellen bezeichnet. Ihre Rezeptoren werden zufällig zusammengesetzt, das Immunschutzschild unterscheidet sich daher von Mensch zu Mensch. Manche der Zellen richten sich jedoch gegen den Körper. „Diese werden im Thymus ausgefiltert“, sagt Winfried Pickl von der Med-Uni Wien.

Doch kein Filter ist zu 100 Prozent dicht. Daher rutschen Zellen durch, die sich etwa gegen Gelenke oder Nervenzellen richten. Sogenannte regulatorische T-Zellen sollten diese eigentlich in Schach halten. Wo die Zellpolizei versagt, bricht eine Autoimmunkrankheit aus. Bei Mäusen beobachtet man dann etwa neben einem struppigen Fell, dass sie generell krank aussehen. Beim Menschen brechen Krankheiten wie Rheuma, Typ-1-Diabetes oder Multiple Sklerose aus. In Österreich sind an die 600.000 Patienten von einer solchen Diagnose betroffen.

Doch wer bekommt diese Krankheiten? „Einerseits können etwa Viruserkrankungen T-Zellen zerstören. Andererseits kann auch vererbt sein, dass der Körper zu wenig regulatorische T-Zellen herstellt“, so Pickl, der ab morgen, Sonntag, mehr als 4000 Immunologen aus ganz Europa im Wiener Austria Center versammelt.

Eines der zentralen Themen des Expertentreffens ist, wie sich Autoimmunerkrankungen möglichst früh entdecken und behandeln lassen. Das soll mit neuen Biomarkern gelingen, die anzeigen, ob eine Krankheit droht oder schon ausgebrochen ist. So kann rascher, gezielter und mit weniger Nebenwirkungen behandelt werden.

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.09.2015)

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