Wie fängt man einen Duft ein?

Forscher analysieren die Zusammensetzung von Düften im Labor. So erfahren sie auch mehr über das Miteinander von Pflanze und Insekt.

Wenn jemand mit einem Bratschlauch in einer Blumenwiese oder in der Au sitzt, muss das nicht die Vorfreude auf das Mittagessen ausdrücken. Denn solche Folien, in denen sonst Schweinsbraten oder Hendl garen, sind inert. Das heißt, sie reagieren chemisch nicht und nehmen daher auch keine Gerüche an. Das ist nicht nur für Lebensmittel wichtig; Biologen wollen so die Düfte von Pflanzen einfangen und erkunden, aus welchen einzelnen Komponenten sich diese zusammensetzen.

„Der Bratschlauch ist die billigste Variante. Das Material darf vor allem die Eigenschaften des Dufts nicht verändern“, sagt Veronika Mayer von der Abteilung für Strukturelle und Funktionelle Botanik der Uni Wien. Sie hat etwa untersucht, wie eine kleine Ameisenart im tropischen Regenwald Costa Ricas ein Pfeffergewächs beschützt: Ist dieses am Stengel verletzt, alarmiert sie der Geruch. Dann eilen die sonst friedlichen, sehr kleinen Ameisen herbei, um die Pflanzen vor Schädlingen wie Buckelzikaden zu schützen und retten damit nicht nur die Pflanze, sondern auch ihren Wohnraum – eine echte Symbiose also.

Jede Pflanze hat ihre „Duftnote“

Wie aber lässt sich der Duft aus dem Bratschlauch nun wissenschaftlich verwerten? Die Forscher transportieren ihn ins Labor und saugen die Luft aus dem Beutel bzw. leiten sie über einen Filter, etwa Aktivkohle oder sogenannte Ionentauscherperlen mit poröser Oberfläche. Diese binden die Duftmoleküle.

Anschließend wird das Duftbouquet in einem Gaschromatografen, kombiniert mit einem Massenspektrometer, in die einzelnen chemischen Komponenten zerlegt und analysiert. Eine Datenbank für Botaniker verrät, um welche Stoffe es sich handelt. Das Ergebnis ist ein individuelles Duftprofil. Beim Pfeffergewächs aus dem Urwald zählten die Forscher etwa 65 unterschiedliche Komponenten.

Aber warum fangen Wissenschaftler Düfte ein? Nutzen lässt sich das Wissen zum Beispiel in der Blütenbiologie: Es gelte herauszufinden, welche Bestäuber, also etwa Bienen oder Wespen, wie angelockt werden, so Mayer. Ophrysapifera, die Bienenragwurz, eine am Bisamberg bei Wien oder in der Lobau heimische, krautige Orchideenart, lockt etwa Bienenmännchen als Bestäuber mit den Sexualpheromonen von Bienenweibchen. Auch die Behaarung der Blüten täuscht die Männchen.

Was für die Wissenschaftler in erster Linie Grundlagenforschung ist, also dem grundsätzlichen Verständnis des Miteinanders von Insekten und Pflanzen dient, kann durchaus auch praktischen Nutzen haben. Duftfallen schützen Kleiderschränke und Speisekammern vor Motten, indem sie vor allem Männchen mit Duftstoffen anlocken. Kleben diese betört fest, bleiben die Eier unbefruchtet, der Schädling pflanzt sich nicht mehr fort.

Zwischen Pflanzen und Ameisen, auf die Mayer spezialisiert ist, könnte es aber noch weit komplizierter sein. „Mikroorganismen wie Pilze und Bakterien dürften für das erfolgreiche Zusammenleben eine große Rolle spielen“, sagt die Forscherin. Wie diese genau aussieht, untersucht sie in ihrer Forschungsarbeit. Was sie und ihr Team schon zeigen konnten: Die Ameisen züchten schwarze Hefen. Warum? Vielleicht als Nahrung oder um organisches Material zu recyclen, so Mayer. Das ist aber noch eine offene Forschungsfrage.

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.04.2016)

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