Wie kann eine Katze aus dem Liegen plötzlich hoch springen?

Katzen haben eine kräftige Muskulatur an der Hinterhand und schlafen selten tief. Sie sind gute Sprinter, aber nicht sehr ausdauernd.

Eben liegt sie noch im Eck und schläft. Doch von einer Sekunde auf die nächste springt sie mit einem Satz aufs Fensterbrett und jagt eine Fliege. Jeder Katzenbesitzer kennt diese Szene, wenn sein Tier aus der scheinbar völligen Ruhe aufschießt und eine athletische Spitzenleistung hinlegt. Doch wie gelingt das der Katze, ohne sich etwas zu zerren?

„Eine Katze hat an der Hinterhand und am hinteren Rücken eine sehr gute Muskulatur“, sagt Eva Schnabl-Feichter von der Vet-Med-Uni Wien. Damit schafft sie eine Sprunghöhe, die dem Fünf- bis Sechsfachen der Körpergröße entspricht. Eine Hauskatze kann also etwa zwei Meter weit oder hoch springen. Dabei hat die Katze nicht mehr Muskeln als ein Hund, aber – wie etwa auch Kaninchen – kräftigere. „Das im Verhältnis zur guten Muskulatur geringe Körpergewicht hilft der Katze beim Losstarten, ihren Schwanz nutzt sie zum Ausbalancieren“, so die Forscherin.

Wie ihre größeren Verwandten, etwa Tiger oder Geparden, ist die Hauskatze eine gute Sprinterin. Sie schafft – zumindest für kurze Zeit – bis zu 50 Kilometer pro Stunde. Allerdings ist sie nicht dafür geschaffen, lang zu laufen, und ruht sich – wie auch nach intensivem Spiel – gern etwas aus.

Auch Katzen verletzen sich

Ähnlich wie Menschen hat eine Katze tiefere und oberflächlichere Schlafphasen. Wirklich fest schläft sie nur sechs bis sieben Minuten lang, der leichte Schlaf hingegen dauert 20 bis 30 Minuten. „In diesen Phasen kann die Katze schnell aufwachen und sofort auf ihr Umfeld regieren“, erklärt die Kleintierorthopädin. Dass sie sich dabei nicht verletzten kann, ist allerdings ein Irrtum: Katzen merke man Zerrungen und leichte Verletzungen oft schwer an. Sie verhielten sich dann ruhiger, ziehen sich zurück. Außerdem stecken die Katzenwissenschaften noch in den Kinderschuhen: Die Forschung interessierte sich lange Zeit weit mehr für den Hund. Das hat sich mittlerweile geändert.

Schnabl-Feichter gewinnt in ihrer wissenschaftlichen Arbeit Erkenntnisse über Bewegungsabläufe bei Katzen. Sie lässt sie über Bodendruckplatten laufen, Sensoren messen die Gewichtsverteilung auf den Pfoten, eine Kamera zeichnet die einzelnen Schritte auf. Auch Lahmheit oder Therapieerfolg sollen sich so feststellen lassen. „Wenn die Katze nicht mehr hüpfen will“ lautete dazu der Titel einer ihrer Publikationen im Vorjahr.

Die Katzen über die Platte zu locken ist dabei gar nicht so einfach: „Hunde führen wir einfach an der Leine, für Katzen muss man sich mehr einfallen lassen“, sagt die Forscherin. Dabei hilft Futter oder auch die Liebe zum Besitzer. Das funktionierte auch bei ihrem Kater Purzel, mit dem sie die Experimente vorab testete.

Tiere fallen oft aus dem Fenster

Was sind nun die häufigsten Verletzungen bei Katzen? „Fensterstürze sind ein Riesenproblem, im Sommer bekommen wir jeden Tag mehrere Katzen in die Klinik.“ Die Tiere sind traumatisiert, haben oft schwere Knochenbrüche an Becken, Oberarm und -schenkel oder ausgerenkte Hand- und Sprunggelenke.

Doch zurück zum Blitzstart aus der Ruhephase: Ob hier dehnen helfen würde? Das sei ja selbst in den Humanwissenschaften umstritten. So oder so: Eine Katze ließe sich wohl kaum zu Gymnastikübungen vor dem Aufstehen ermuntern.

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(Print-Ausgabe, 02.07.2016)

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