Ein trauriges Geschäft

(Wien, 12. Februar 1864) (Streifzüge auf dem Kriegsschauplatze.) Einige ergreifende Scenen schildert der Berichterstatter der Voss. Ztg. aus Schleswig, 7. Februar, indem er erzählt: Heute Früh, etwa 1 Uhr, ertönten Trommeln und Hörner, die zum Sammeln riefen.

(Wien, 12. Februar 1864) (Streifzüge auf dem Kriegsschauplatze.) Einige ergreifende Scenen schildert der Berichterstatter der Voss. Ztg. aus Schleswig, 7. Februar, indem er erzählt: Heute Früh, etwa 1 Uhr, ertönten Trommeln und Hörner, die zum Sammeln riefen. Es rückten Artillerie und andere Truppen auf der Straße nach Flensburg ab. Es wurden die Bürger aufgefordert, beim Abladen der unaufhörlich zu Wagen ankommenden Verwundeten – Preußen, Oesterreicher, Dänen – und ihrer Unterbringung in Schloß Gottorf behilflich zu sein. Wir hier anwesenden Fremden schlossen uns natürlich freiwillig gern diesen an. Es war ein trauriges, herzerschütterndes Geschäft. Meinen alten Reiserock werde ich als blutig gewordene Erinnerung an diese Nachtstunden aufbewahren.

So weit nur noch irgend transportfähig, waren die Schwerverwundeten zuerst hierhergebracht. Ohne in sentimentale Klagen zu verfallen, gestehe ich, daß wir uns beim Anblick dieses Jammers nicht der Thränen enthalten konnten. Einzelne der armen, größtentheils jungen Leute waren schrecklich zugerichtet. Am ruhigsten benahmen sich die österreichischen Blessirten. Bekannte habe ich nicht gesehen oder wenigstens nicht erkannt. Menschen mit zerschmetterten Beinen und Armen, klaffenden Kopfwunden oder Kugeln in der Brust gleichen in ihrem Antlitze auch wol sich selbst nicht mehr. Dazu in dunkler Nacht die Beleuchtung der Scene mit Laternen und Fackeln – ein unheimliches Schauspiel. ■

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.02.2014)

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