Damals schrieb Gefährliche Masken?

1. März 1865. Am Sonntag wurde in Oberhollabrunn ein Maskenball gehalten, so harmlos als möglich; nach eineinhalbStunden hatten sich die zwölf Masken bereits entlarvt. Diese waren unverfänglicher Art; ein Kikeriki war das höchste, was im Charakterfache geleistet wurde. Trotzdem müssen furchtbare Dinge geahnt worden sein, weil vom Anbeginn bis zum Ende des Balles zwei Gendarmen abwechselnd in vollständiger Rüstung und mit aufgepflanztemBajonnet in der Mitte des Tanzsaales Wache hielten.

Keiner der friedlichen Bürger vonOberhollabrunn wagte auch nur die Frage zu lispeln, wozu denn dieser Überwachungs-Apparat vonnöthen sei. „Dergleichen Polizeimaßregeln sind auf demLande wenigstens vollkommen überflüssig“, schreibt der Einsender. Richtig; aber in den großen Städten wol auch. „Wie weit, Herr Redacteur, haben wir noch zu constitutionellen Bürgern? Gewiß nicht weniger weit, als die Renz'schen Elephanten zu Ballettänzerinnen?“ fügt er mit derbem Humor hinzu. Nun, freilich will der Constitutionalismus geübt und gelernt werden. In dieser Beziehung ist der Oesterreicher noch etwas grün. Der Polizeimensch steckt noch tief in ihm,und er muß sich abgewöhnen, die Abstellung aller erdenklichen Uebelstände von der Behörde zu begehren. Das Bewußtsein muß ihn durchdringen, daß die Behörde weder allwissend, noch allmächtig, noch allgegenwärtig ist, und daß er nach der Entwicklung wahrhaft freien und gesunden Gemeindelebens streben muß. ■

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.02.2015)

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