Damals schrieb Ein kühner Schwimmer

1. August 1865. Ueber die interessante Schwimmtour des Herrn Dr. Dulk aus Stuttgart erfährt die Bodensee-Zeitungvon seinem Begleiter, Herrn Dammeister Eggmann, folgende nähere Umstände: Herr Dulk hat schon fünf Jahre lang an die Verwirklichung seines Vorsatzes, den See seiner ganzen Breite nach schwimmend zu messen, gedacht.

1865 sollte das Wagniß gelingen. Der Begleiter Eggmann, der mit der Gondel immer in einer Entfernung von etwa 12 Fuß hinter Herrn Dulk fuhr, erzählt Folgendes: Beim Entkleiden übergab Herr Dulk Eggmann seine goldene Uhr, seine Börse, Geldtasche und sämmtliche Habseligkeiten nebst einem versiegelten Briefe, den Eggmann in dem Falle öffnen sollte, als Herrn Dulk etwas Menschliches begegnen würde. Glücklicherweise geschah dies nicht. Der Schwimmer war ohne alle und jede Hilfsmittel; nur eine Leine war an Borde, welche ihm zugeworfen werden sollte, falls es nöthig würde. Nur ein einzigesmal wurde eine kleine Pause gemacht, damit der Schwimmer einen Schluck Wein aus der Gondel empfangen konnte. Beim Schlosse in Friedrichshafen angekommen, stieg Herr Dulk frisch ans Land, und genoß im Kronengarten gemüthlich sein Bier. Daß die Anstrengung dennoch eine sehr große war, erfuhr der Schwimmer erst nach ein paar Tagen, wo sich vom Sonnenbrand Gesicht und Rücken vollständig abzuschälen begannen. Der kühne Schwimmer ist ein Mann von 45 Jahren – ein gesunder Geist in einem gesunden Körper. ■

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.08.2015)

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