Damals schrieb Untheilbarkeit der Bauerngüter

Wien, 1. December 1865. In der mehrumfangreichen, als gehaltvollen Gesetzgebung über die Untheilbarkeit der Bauerngüter treibt noch immer jener feudale Geist seinen Spuk, welcher der mittelalterlichen Gesetzgebung den Stempelaufdrückte, bis die Aufhebung der Gutsunterthänigkeit und die Grundentlastung ihn minder schädlich machten. Jene Patente und Hofdecrete über die bäuerlichenVerhältnisse bezwecken, die Rechte der Gutsherren an den bäuerlichen Grundstücken durch Beschränkungen der unterthänigen Grundeigenthümer in der freien Verfügung über ihren Boden zu sichern; nebenbei ringt das Bestreben nach Geltung, durch das Erstgeburtsrecht, die Untheilbarkeit u.s.w. das aristokratische Princip in die niederen Classen hineinzutragen, und in dem Bauernstande einen Bundesgenossen für die feudale Staatsauffassung zu gewinnen.

Dem Privilegien- und Ständewesen früherer Jahrhunderte mag es entsprechen, daß „jedes Gut mit dem Rücken besessen werden müsse“, damit der Gutsherr an seinem Recht keinen Schaden leide, daß also weder zwei Güter in Einer Hand vereinigt, noch ein Gut von mehreren Personen besessen werden dürfe. Vom Standpunkte rationeller Volkswirthschaftspflege, die jedes übermäßige Eingreifen der Gesetzgebung in das wirthschaftliche Leben verdammt, lassen sich Gesetze nimmermehr rechtfertigen, die den cleinen Grundwirth hindern, seine Verfügungen so zu treffen, wie es seiner Wirthschaft zuträglich erscheint. ■

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.11.2015)

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