Damals schrieb Als Zwerge verspottet

Wien, 22. März 1866. Zur Zeit des jüngstenKrieges mit Dänemark war die Stimmung Europas in hohem Grade gegen die deutschen Mächte gereizt. Man warf ihnen Selbstsucht und Eroberungslust vor, während sie sich auf ihre Uneigennützigkeit beriefen. Die Zeit hat leider denen, welche einst als Verleumder bezeichnet wurden, einen Triumph bereitet. Preußen hat alle Invectiven und Schimpfreden, welche der europäische Westen gegen dasselbe richtete, mehr als gerechtfertigt. Die wüthendsten Beschuldigungen gegen dasselbe sind hinter der Wahrheit zurückgeblieben. Das, was als eine arge Uebertreibung seiner beutelustigen Gesinnung behandelt wurde, wurde von der Wirklichkeit weit überholt. Auch die schäumendsten Preußenfreunde haben nie vorherzusagen gewagt, daß das preußische Cabinet darauf sinnen würde, diejenigen, mit denen es vereint in den Kampf zog, rücklings zu überfallen und eine beispiellose That an denen zu verüben, welche seiner Ehre vertraut hatten.

Es gibt trotz König Salomo neue Dinge unter der Sonne. Der Fall ist schon dagewesen, daß Eroberer, welche die Erde unter ihren Tritten erbeben machten, Thaten begingen, welche das Recht und die Ehre wider sich hatten, und sich an die Entrüstung und Flüche der Schwachen und Gedemüthigten nicht kehrten. Aber vergeblich sehen wir uns um einen analogen Fall um, in welchem der Mindermächtige die Riesen, welche ihm bei seinen Gewaltthaten gegenüberstanden, verspottete, als ob sie Zwerge wären. ■

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.03.2016)

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