Waffenstillstand oder Friede?

Wien, 9. August 1866. In Paris wird gegenwärtig über den Waffenstillstand, eventuell den Frieden, zwischen Oesterreich und Italien sehr eifrig unterhandelt.

Kaiser Napoleon will, wie es scheint, um jeden Preis die Erneuerung des Krieges verhindern, und da die Unterhandlungen über den Waffenstillstand in Cormons noch zu keinem Resultate führten, ist er plötzlich von Vichy nach St. Cloud zurückgekehrt, wo er mit Drouyn de Lhuys, Nigra und Blome zu einem Abschluß zu gelangen suchen wird. Wir erfahren über den Stand dieser Angelegenheit Folgendes: Lamarmora hat um die Verlängerung der Waffenruhe um mehrere Tage ersucht, jedoch blos einen Tag zugestanden erhalten, daher die Waffenruhe nicht Freitag, sondern erst Samstag abläuft.

Die Differenz bezüglich des Waffenstillstandes besteht darin, daß Italien zugleich mit dem Waffenstillstande die Friedens-Präliminarien abschließen will, und zwar den ersteren auf Grundlage des uti possidetis, und daß Oesterreich auf den Waffenstillstand einzugehen gedenkt, unter der Bedingung, daß Italien alles österreichische Gebiet (Venezien wird nicht mehr zu Oesterreich gerechnet) sogleich räumt. In hiesigen diplomatischen Kreisen glaubt man, Italien werde nachgeben, weil Frankreich nicht zu Gunsten Italiens interveniren will, weil sogar Prinz Napoleon zur Nachgiebigkeit gerathen haben soll, und da Preußen in keinem Falle Lust verspüren dürfte, der italienischen Irrfahrten in Südtirol wegen den Krieg von neuem zu beginnen. ■

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.08.2016)

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