Sprachspaltereien: Teilzeitvegan

„Ich habe keinen Kater! Ich habe bloß Kopfweh vom gestrigen Wein“, erklärt eine junge Kollegin. Welch raffinierte Differenzierung! Bisher betrachteten wir den Kater und das weinbedingte Kopfweh als ein und dasselbe. Dabei hat die Kollegin nicht unrecht. Man kann Kopfweh von zu viel, aber auch von schlechtem Wein bekommen. In letzterem Fall ist angenehmerweise der Wein schuld.

Trinken, essen – alles wird komplizierter. An Vegetarier hat man sich inzwischen ja gewöhnt und weiß, wie man sie in Abendessenseinladungen integriert. Neuerdings begegnen uns aber immer mehr Veganer. Was kann man diesen eigentlich servieren? Bleibt zu hoffen, dass es sich nur um Teilzeitveganer handelt, die gerade Pause machen: Laut einer Freundin ist es die neueste Mode, nur tage- oder wochenweise vegan zu leben – oder wie lang man eben Lust hat. So gesehen könnte ich mich als Teilzeit-Nichtraucherin bezeichnen. Eine ganz neue Perspektive!

Veganer mit entsprechenden Gelüsten können aber auch Fleisch essen, natürlich nur unechtes. So finden sich auf der Speisekarte des veganen Gasthauses Schillinger „Surschnitzerl“, „Backhendl“, „Wildragout“ und vieles mehr. Alles unter Anführungszeichen, was logisch erscheint. Die Speisen tun ja nur so als ob. Einzig das Cordon bleu steht ohne Gänsefüßchen da. Wieso? Und wer fängt mit der unlängst in einer Auslage entdeckten „veganen Peitsche“ etwas an?

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.07.2013)

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