Nichts ohne meine Soldaten

Satirisch: Mikal Hems Anleitung zu einer Karriere als Diktator.

Wenn Sie alles richtig machen bei Ihrer Karriereplanung,können Sie auch mit der Unterstützung der CIA, also des Westens, rechnen. Zuletzt: Ägyptens Präsident al-Sisi. Man könnte fast glauben, er hätte Mikal Hems Handbuch „Wie werde ich ein guter Diktator?“ eingehend studiert. Al-Sisi erfüllt so gut wie alle Kriterien, die der norwegische Journalist nach eingehender Recherche für den erfolgreichen Weg in eine Diktatur angibt.

Die erste Grundregel: Gib den Soldaten Sold. Dass man das Militär hinter sich haben muss, versteht sich ohnehin von selbst. Sollte man als angehender Diktator noch nicht genügend Geldmittel zur Verfügung haben, um den Generalstab gebührend zu bestechen, kann man den gemeinen Soldaten dadurch bei Laune halten, dass man ihn plündern, brandschatzen und vergewaltigen lässt.

Die militärische Variante, um an die Macht zu kommen, ist für Mikal Hem aber wegen des hohen Risikofaktors möglichst zu vermeiden. Viel eleganter ist es, wie al-Sisi eine Herrschaft zu etablieren: durch Wahlen. Das schläfert nicht nur den Westen ein, sondern auch die eigene Bevölkerung. Sollte es opportun sein, können Sie sich später ja ab und an wieder wählen lassen; dann freilich nicht mehr mit einem gewissen Unsicherheitsfaktor, sondern mit den Mitteln einer stabilen Diktatur: Demoralisierung (des Gegners, sollten Sie es versäumt haben, die Opposition selbst ins Leben zu rufen), Einschüchterung, Manipulation, Denunziation (DDR) oder Leute verschwinden lassen (perfektioniert in Lateinamerika).

Zur Absicherung Ihrer Herrschaft empfiehlt Mikal Hem, Geld auszugeben, richtig viel Geld, vor allem für Prunk- und Protzbauten, die zeigen, dass Sie von keinerlei Geschmacksempfinden angekränkelt sind. Pflegen Sie einen gesunden Personenkult, der vor allem Ihre Virilität unterstreicht. Erlassen Sie seltsame Gesetze, verbieten Sie etwa das Trommelspielen an Werktagen (Jean-Bédel Bokassa), und unterstreichen Sie dadurch ihre Allmacht. Kleiden Sie sich exzentrisch (Gaddafi) oder tragen Sie Operettenuniformen mit möglichst viel Tand (Quasten, Orden, ausladende Kopfbedeckungen).

Diktaturen aus aller Welt

Mikal Hem hat eine Menge nützlicher Hinweise zur Etablierung einer Diktatur zusammengetragen, die allesamt aus dem Leben gegriffen sind: Seine Vorbilder rekrutieren sich vorwiegend aus Afrika, Arabien und Lateinamerika aus den vergangenen 50 Jahren. Etliche davon wurden vom Westen nach dem Grundsatz Harry S. Trumans behandelt, der über den nicaraguanischen Diktator Somoza sagte: „He's a bastard, but he's our bastard.“

Was das Buch nicht erklärt, ist die seltsame Faszination vieler Menschen (vor allem auch Frauen) an den oft kleinwüchsigen Männern mit dem übergroßen Ego. Sicher, Macht ist sexy, aber wieso verflüchtigt sich das Gefühl nicht, wenn man ständig gewärtig sein muss, selbst auf dem Schafott zu enden. Mit psychologischen Fragen beschäftigt sich Hem aber nicht. Zudem ist das Buch stilistisch uneinheitlich: Es wechselt zwischen Satire, Ratgeber und Sachbuch.

Kleiner Tipp zum Schluss: Halten Sie sich an das Prinzip von Bashar al-Assad und treten Sie niemals zurück! Erstens steigt die Sympathie für Sie in Anbetracht der Alternativen wieder, und zweitens ist die Wahrscheinlichkeit, nach einem Rücktritt vor dem Internationalen Tribunal in Den Haag zu landen, heute viel höher als im vorigen Jahrhundert. ■

Mikal Hem

Wie werde ich ein guter Diktator?
Schnell aufsteigen – lange bleiben – viel Geld machen. Aus dem Norwegischen von Frank Zuber. 190S., brosch., €17,50 (Riemann Verlag, München)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.06.2014)

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