Liebe in Zeiten der Revolution

Kitschig: Almudena Grandes und der Spanische Bürgerkrieg.

Wie der zuletzt auf Deutsch erschienene Roman „Der Feind meines Vaters“ gehört auch „Inés und die Freude“ zum großen Romanprojekt „Episoden eines endlosen Krieges“, das Almudena Gran-des in bewundernder Nachfolge der realistischen Episodios nacionales von Benito Pérez Galdós verfolgt. Wieder einmal greift Grandes eine der unbekannten Episoden des Widerstands gegen das franquistische Spanien auf, nämlich jene der Invasion des Arantals im späten Oktober 1944, einem wagemutigen, wenn auch zum Scheitern verurteilten und heute vergessenen militärischen Unternehmen. Grandes weiß: „Die Geschichte wird von Siegern geschrieben, aber ihre Version muss nicht in Stein gemeißelt sein.“

Der Roman verwebt die fiktive Geschichte einer aus bürgerlichen Verhältnissen stammenden jungen Frau mit faschistischen Neigungen mit den historischen Ereignissen. Inés verliebt sich im Madrid des Jahres 1936 in den jungen Kommunisten Pedro und unterstützt bis zum Fall Madrids die republikanischen Kämpfer mit Geld und Hilfsdiensten. 1944, fünf Jahre nach dem Ende des Bürgerkriegs, lebt sie, von ihrem Bruder unter Hausarrest gestellt, in einem Pyrenäenstädtchen. Als sie via Radio von der bevorstehenden Invasion im Arantal hört, setzt sie alles auf eine Karte und flieht auf einem Pferd zu der aus Frankreich eindringenden Befreiungsarmee. Dort wird sie Köchin und lernt den Mann ihres Lebens mit dem Kampfnamen „Galán“ kennen. Nach dem Scheitern der Invasion fliehen sie nach Toulouse, betreiben dort „das beste spanische Restaurant in ganz Frankreich“ und kehren erst nach Francos Tod nach Spanien zurück.

Allzu simples Leitmotiv

Drei Erzählerinnen setzt Grandes ein: Inés, Galán und sich selbst als Historikerin, die ihre präzis recherchierten Erkenntnisse präsentiert. So entsteht ein Romanzwitter, in dem Fiktion und Historie getrennt nebeneinander marschieren. Verbunden sind sie über das allzu kitschige, allzu simple, allzu oft wiederholte Leitmotiv: „Die unsterbliche Geschichte stellt verrückte Dinge an, wenn sie auf die Liebe Sterblicher trifft.“

In der Realhistorie trifft diese Himmelsmacht auch die „universelle Mutter der spanischen Kommunisten“, Dolores Ibárruri, genannt „La Pasionaria“. Die verheiratete Chefin der spanischen Kommunisten verliebt sich im Frühjahr 1939 in den um einiges jüngeren Francisco Antón. Im Moskauer Exil begeht sie einen schweren politischen Fehler: Sie legt die Führung der Partei in die Hände von Carmen de Pedros, einer unsicheren Sekretärin. Jesús Monzón wittert seine Chance, verführt Carmen und übernimmt nach und nach die Kontrolle über die Exil- PCE. Er stellt ein Heer zur „Operación Reconquista“ auf, um Spanien von Franco zu befreien. Bald merken die Soldaten, dass Monzón ihnen falsche Hoffnungen machte: Franco ist keineswegs wehrlos, und von einem begeisterten Empfang durch die Bevölkerung kann keine Rede sein.

Grandes Absicht mag ehrenhaft sein, doch wird ihre Verflechtung von Historie und verrückten Liebesgeschichten von ihren stilistisch beschränkten Möglichkeiten und dem durchgängig starken Pathos schwer beeinträchtigt. Da gibt es dann einfach zu viele „verdammt gut aussehende“ Männer. Und natürlich sind sie vom Anfang bis zum bitteren Ende aufrechte Kommunisten, deren Fehler man auch sportlich sehen kann: „Doch Menschen sind keine Maschinen, und selbst der beste Stürmer verschießt zuweilen einen Elfmeter.“ ■

Almudena Grandes

Inés und die Freude

Roman. Aus dem Spanischen von Roberto de Hollanda. 672 S., geb., €25,60 (Hanser Verlag, München)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.02.2015)

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