Was ich lese

Musikerin, spielt beim Schrammel.Klang. Festival in Litschau
[ Foto: Stephan Mussil ]

Ist der Roman Das grüne Akkordeon vonAnnie Proulx (btb Verlag, München) sehr klischeehaft? Vielleicht sogar ein bisscheneinfältig? Aber wenn eine Akkordeonistin einen Roman mit einem solchen Titel liest, ist das auch schon fast wieder originell, oder? Außerdem bekam ich das Buchvon einem Freund und Bandkollegen als Leseempfehlung geliehen.

Zugegeben – zu Beginn war ich nicht allzu angetan, die ersten paar Seiten zogen sich wie Omas guter, handgezogener Apfelstrudelteig. Doch dann, ganz unverhofft, kommt der Moment, an dem man es schafft, in die Geschichte einzutauchen, und sich eine Parallelwelt eröffnet, in der man unweigerlich gefangen ist.

Ihren Ausgangspunkt nimmt die Geschichte 1890 in Sizilien, von dort aus gelangt das neue grüne Akkordeon mit seinem ersten Besitzer per Schiff nach New Orleans, und so beginnt eine Odyssee: Das Instrument wird verkauft, gestohlen, verpfändet, verschenkt und reist dabei kreuz und quer durch Amerika.

Migration, die Suche nach einer neuen Heimat und einem besseren Leben, Einblicke in das Leben vieler verschiedener Ethnien und die Verschmelzung zwischen alten Traditionen und neuen Einflüssen sind die großen Themen dieses Romans. Wie ein roter Faden zieht sich während der Wechselspiele zwischen Vergänglichkeit und Beständigkeit daskleine grüne Akkordeon. Dank seiner Unverwüstlichkeit schlägt es viele Wurzeln – und es verleiht somit der jungen Geschichte Amerikas einen kräftigen Hauch Pathos.

Wie es ausgeht? Das kann ich noch nicht verraten. Mit lieben Grüßen von Seite 517!

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.06.2015)

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