Was ich lese

Intendant in München, Regisseur an der Wiener Volksoper
[ Foto: Frank Leonhardt/dpa ]

In meinem Beruf, den ich immer als großes Glück angesehen habe, ist das Lesen nicht immer ein Akt der Neugierde, sondern oft verbunden mit Notwendigkeit. Ein Intendant hat viele Stücke zu lesen, viele Partituren, viel Korrespondenz. Da wird die Leselust zur Lesenotwendigkeit.

Die Neugierde hat mich aber nie verlassen. Ich bin anhänglich, auch als Leser. Ich kehre immer wieder zu Büchern zurück oder hab sie nie verlassen. Eichendorffs Aus dem Leben eines Taugenichtsoder Joyces Ulysses, Salvatore Quasimodos Gedichte und Christian Morgensterns Galgenlieder.

Diese werden oft wie viele andere zur Hand genommen, Lieblingsstellen gelesen. Dazu muss ich allein sein, denn ich halte den Akt des Lesens für einen besonders intimen. Keine unnötige Ablenkung. Sprache und ihre Entwicklung ist ein literarisch faszinierendes Phänomen. Shakespeares Sommernachtstraum, für mich das beste Theaterstück überhaupt, muss in mein Herz und Hirn gebrannt sein.

Die Neugierde ist immer da, jetzt Peter Turrinis Manchmal ist ein Fasan eine Ente und Kai Meyers Die Seiten der Welt. Dazwischen immer wieder Partituren neuer Opern, zum Beispiel von Johanna Doderer. Oder vor kurzem Friedrich Cerhas „Onkel Präsident“, dessen Uraufführung ich zu machen die Ehre hatte. Und wenn man die Übersetzung Elfriede Jelineks von Feydeaus „Der Gockel“ liest, freut man sich sehr auf die Inszenierung im Herbst an der Josefstadt.

Wichtig ist für mich, manchmal tagelang nichts zu lesen, lieber Musik zu hören oder nachzudenken. Stille ist selbst für mich als Philanthrop sehr wichtig. ■

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.09.2015)

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