Was ich lese

Leiterin des Forschungsinstituts Brenner-Archiv in Innsbruck
[ Foto: BAI ]

Briefe sind, wie Goethe 1805 schreibt, als „dauernde Spuren eines Daseins“ auch „Blätter für die Nachwelt“.

Ausgangspunkt für Katharina Geisersjüngsten Roman, Vierfleck oder DasGlück (Jung & Jung Verlag), war ein Fund. Rund 1700 Briefe, über zwei Jahrzehnte zwischen dem Indologen, Traum- und Mythenforscher Heinrich Zimmer, Ehemann Christiane von Hofmannsthals, und seiner Geliebten Mila Esslinger-Rauch gewechselt, wurden von deren Tochter aufbewahrt und an die Autorin übergeben.

Aus der ursprünglich geplanten Edition der Briefe entstand ein Roman, der das komplexe Beziehungsgeflecht zweier Paare vor den Krisen und Katastrophen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eindrücklich erzählt. Die Verbindung vonhistorischen Fakten und literarischerImagination erinnert ein wenig an Walter Kappachers preisgekrönten Roman Der Fliegenpalast (Residenz Verlag), der,ebenfalls ausgehend von authentischem Material, nur wenige Tage aus dem Leben des Schriftstellers Hugo von Hofmannsthal beschreibt.

Die Briefe zwischen Donna Marta, derMutter des später heiliggesprochenenAloysius von Gonzaga, und dem MalerPeter Paul Rubens in Alois Brandstetters Roman Aluigis Abbild (Residenz Verlag) sind hingegen frei erfunden. Weder Rubens noch sein Schüler van Dyck malten den jung verstorbenen Aloysius. Der fingierte Briefwechsel gibt nicht nur biografische, zeit- und kunsthistorische Einblicke – mit feiner Ironie wird auch manche Entwicklung innerhalb der katholischen Kirche vorgeführt und kommentiert. ■

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.01.2016)

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