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Zwei Bände mit Texten und Bildern zu Karl Farkas begleiteneine Ausstellung in St. Pölten.

Es ist ja nicht selbstverständlich, dass hierzulande legendäre Kabarettisten mit Ausstellungen gewürdigt werden, noch dazu wenn kein rundes Gedenkdatum dies fast erzwingt. Umso erfreulicher, dass die NÖ Landesbibliothek (bis 25. März) unterdem Titel „Einer, der nicht hassen konnte. Karl Farkas – Emigration und Heimkehr“ den humoristischen Wiederaufbaumeister Österreichs würdigt. Dazu ist ein gleichnamiges zweibändiges Begleitbuch erschienen.

Der von Andreas Weber herausgegebene Band 1 versammelt Beiträge zu Leben und Werk des Unterhaltungsmultis, der ursprünglich vom „ernsten Fach“ gekommen ist. Schon im Interview Webers mit Josef Hader wird deutlich, wie sehr die „TV-Bilanzen“ von Karl Farkas sein Bild bei den jetzt Lebenden geprägt haben und als kabarettistische Staffelübergabe über Jahrzehnte dienen konnten. Auch Margit Schreiner beginnt ihren Essay mit frühen Farkas-Fernseherfahrungen, widmet sich aber zentral der Darstellung des dort vorherrschenden Frauenbilds, geprägt von Landserhumor und Nachkriegsschenkelklopfen: „Haarausfall bei Frauen ist sehr selten, vor allem auf den Zähnen.“ Farkas-Gedanken konnten tief sein, seine Schmähs manchmal auch. Der Publizist Oliver Bentz geht der Frage nach, wie politisch die Simpl-Programme waren. Fritz Muliar dazu: „Ein bisschen.“

Martin Wedl thematisiert die Arbeitsbesessenheit des Bühnenkünstlers, der in Linz Theaterstücke und Opern inszeniert hat, dann nach Wien übersiedelt ist, und als die riesige Inflation die Schließung vieler Theater erzwungen hat, sich als Autor von Shows und Operetten und Auftretender in Kleinkunstlokalen über Wasser gehalten hat. Der Germanist Gerhard Zeillinger skizziert sorgfältig die Zeit der erzwungenen Flucht von Farkas nach dem NS-Einmarsch 1938 bis zu seiner Heimkehr aus der Emigration 1946. Karin Sedlak, sie dissertierte über Wiens zweiten Starkabarettisten Hugo Wiener, beschreibt dessen nicht konfliktlose Zusammenarbeit im wieder eröffneten Simpl mitdem Programmdirektor Farkas und beleuchtet ausgiebig das Wesen der Doppelconférence, die dieser mit seinem genialen Partner, Fritz Grünbaum, in der ErstenRepublik zur Blüte gebracht hat.

Witze über Behinderung

Autor und Behindertenaktivist Erwin Riess hat diese Form schon in vielen Werken mit seinen Helden, Rollstuhlfahrer Groll und Soziologe Tritt, wieder aufgenommen und lässt hier – Tritt ist bei einem Symposion – den Rollstuhl Joseph der Dritte einen Dialog mit seinem Besitzer führen. Thema: Witze über Behinderung und deren Allgegenwärtigkeit. Herausgeber Weber beendet den Band mit der Geschichte des Farkas-Nachlasses.

Kuratorin Katharina Strasser gestaltete den zweiten Band mit vielen Bildern als Katalog zur Ausstellung. So dominieren hier nicht persönliche Annäherungen an die und die Behandlung spezieller Facetten der Person Farkas, sondern die Darstellung der Phasen seiner Biografie: Kindheit, erste Erfolge, Flucht und Heimkehr, wobei der Bruch öffentlicher Versprechen an Farkas nicht ausgespart wird. Spät bekam er eine Ersatzwohnung, gar nicht das zugesagte Theater. ■


Der Band wird am 25. Jänner um 19 Uhr im Wiener Literaturhaus, Seidengasse 13, präsentiert. Zu sehen sind dabei auch rare Filmszenen, in denen Farkas agiert.

Karl Farkas – Einer, der nicht hassen konnte

Band 1 hrsg. von Andreas Weber: Beiträge zu Leben und Werk. 194 S.

Band 2 hrsg. von Katharina Strasser: Ausstellungskatalog. 134 S., brosch., zus. € 25 (Literaturedition Niederösterreich, St. Pölten)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.01.2016)

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