Wissenschaftsjournalist, Staatspreis
für Wissenschaftspublizistik
[ Foto: Hummel/ORF ]
Wo erfährt man, wen Türken und Byzantiner im sechsten Jahrhundert nach Christus für „wirkliche“ Awaren hieltenund wie sie eine gemischte Gruppe von Oguren als betrügerische Varoniten entlarvten, die sich den Furcht einflößenden Awarennamen nur zugelegt hatten, um westwärts mächtig damit angeben zu können? Oder wie uneinheitlich im Mittelalter die Entwicklung der Länder verlaufen ist, die heute als Bundesländer Österreich bilden? Und wie weitläufig die Chiffre Österreich sich über Europa verbreitete, indes das große Reich letztlich nur durch die Dynastie der Habsburger zusammengehalten wurde, um nach 1918 einen „Staat wider Willen“ aus der großen Landmasse ausapern zu lassen? Und wo ersieht man, dass die politische Diskussion um die vergangenen 100 Jahre längst nicht ausgestanden ist?
All das und noch mehr erfährt der interessierte Leser auf wissenschaftlichem Niveau in der Geschichte Österreichs, die der Wiener Historiker Thomas Winkelbauer herausgegeben und gemeinsammit einer Creme der österreichischen Geschichtswissenschaft verfasst hat (ReclamVerlag, Stuttgart). Ich lese die einzelnen Epochenkapitel mit ihrer höchst unterschiedlichen Stilistik mit einiger Faszination, allerdings in homöopathischen Dosen. Zu groß ist nämlich die Gefahr, dass wichtige Einzelheiten beim schnellen Lesen verwischen.
So wechselhaft, wie die Geschichte Österreichs verlaufen ist, so schillert auch dieser Sammelband wie ein buntes Kaleidoskop. Mein Tipp an erwachsene Leser: losgehen, das Buch kaufen – und es den Kindern erst zu Weihnachten schenken. Dann haben sie vorher noch genug Zeit, es selbst durchzuackern. ■
Bestseller1(–) Thomas Glavinic: Der Jonas-
Komplex, € 25,70 (S. Fischer)
2(1) Orhan Pamuk: Diese Fremdheit
in mir, € 26,80 (Hanser)
3(–) Juli Zeh: Unterleuten,
€ 25,70 (Luchterhand Literaturverlag)
4(3) Joachim Meyerhoff: Ach, diese
Lücke, diese entsetzliche Lücke,
€ 22,70 (Kiepenheuer & Witsch)
5(2) Michael Köhlmeier: Das Mädchen
mit dem Fingerhut, € 19,50 (Hanser)
6(4) Umberto Eco: Nullnummer,
€ 22,60 (Hanser)
7(–) Nicholas Sparks: Wenn du mich
siehst, € 20,60 (Heyne)
8(–) Anna Mitgutsch: Die Annäherung,
€ 23,70 (Luchterhand Literaturverlag)
9(–) Siegfried Lenz: Der Überläufer,
€ 25,70 (Hoffmann und Campe)
10(–) Elfriede Hammerl: Von Liebe und
Einsamkeit, € 22 (Kremayr & Scheriau)
SACHBUCH1(–) Angelika Ertl: Jetzt haben wir den
Salat!, € 24,50 (Angelika Ertl)
2(6) Reinhard Haller: Die Macht der
Kränkung, € 21,95 (Ecowin)
3(1) Michael Dangl: Grado abseits
der Pfade, € 14,90 (Braumüller)
4(–) Karl Ploberger: Best of ,Der Garten
für intelligente Faule‘, € 24,95 (AV Buch)
5(2) Andy Zahradnik, Johnny Bertl,
Cornelia Köndgen: Ludwig Hirsch,
€ 19,99 (Ueberreuter)
6(–) Hans Bürger: Wir werden nie genug
haben, € 14,90 (Braumüller)
7(5) Giulia Enders: Darm mit Charme,
€ 17,50 (Ullstein)
8(–) Daniela Strigl: Berühmt sein ist
nichts – Marie von Ebner-Eschenbach,
€ 26,90 (Residenz)
9(–) Carina Kerschbaumer: Irmgard
Griss, € 22,80 (Edition Kleine Zeitung)
10(4) Franziskus: Der Name Gottes ist
Barmherzigkeit, € 17,50 (Kösel)
Erstellt von den Buchhandlungen der Morawa und Leykam Buch und Medien Gruppe.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.03.2016)