Wart ihr schon im Bett, du und der Dings?

Regine Koth Afzelius schüttelt Beziehungen durcheinander und gibt ein Abbild des ewig unergründlichen Paarreigens.

Swingerclub war gestern, nun trifft man sich privat im erweiterten Bekanntenkreis zur Sadomaso-Session, nach dem Vorbild von „Eyes Wide Shut“, nur in viel kleinerem Rahmen und um ein paar Grade spießiger, die Gucci-Peitsche darf nicht fehlen, und sterben muss auch keiner.

Begonnen hat aber alles mit einer ganz normalen Liebesbeziehung, die einmal ausgeschaltet und kurz wieder aufgewärmt wird, um dann endgültig zu verenden. Die Protagonisten, Eva und Adam, geraten in ein klassisches Dilemma, obwohl sich ihr Lebensstil und ihre Interessen weitgehend decken. Nur in einem Punkt sind sie absolut konträr: Eva will ein Nest bauen, Adam will sexueller Abenteurer bleiben. Das kann und wird nicht gut gehen. Bei ihrer Freundin Judith, die praktischerweise Therapeutin ist, holt sich Eva gute Ratschläge: „Nur wenn die ästhetische Betäubung nicht mehr wirkt, wird einem der Unterschied zwischen Jetzt und Ewigkeit klar, und dann kommt man auf so unerotisches Geschwätz wie Zukunft. – Wart ihr schon im Bett, du und der Dings?“

Mit ihrem schwulen Freund Ernst, gerade erst getrennt von seinem langjährigen Partner, bestreitet sie die Freizeitgestaltung. Der Besuch von klassischen Konzertabenden und ein gemeinsames Laufprogramm sollen beide fit für den Nächsten machen. Ein Zwischenfreund, Veterinär und Liebhaber besagter SM-Tableaus, der bezeichnenderweise Wulf heiß, kann ihr nur temporäres Glück verschaffen. Was macht die Frau von heute also? Sie besucht mit der besten Freundin, der Therapeutin Judith, ein Selbstfindungsseminar, ein paar Tage mit Muh-Schreien, sich Erden und Stillseinlernen inmitten mystischer Natur.

Vorliebe des Verbenverschluckens

„Die letzte Partie“ ist das Romandebüt der vielseitigen Künstlerin Regine Koth Afzelius, die in Österreich und Dänemark lebt. Ihre Schilderungen der komplizierten Liebes- und Beziehungsgeflechte der Menschen, die zwischen Egotrip und Helfersyndrom schwanken, treffen immer ins Schwarze, die Sprache, manchmal vielleicht zu pointenreich und von der Vorliebe des Verbenverschluckens am Satzende geprägt, ist trotzdem witzig und beherbergt überraschende neue Bilder.

Der Inhalt der Bilder jedoch ist ein einziges Ahaerlebnis, das Paarsein wird auf vielerlei Arten gezeigt und gleichzeitig zerstört. Der merkwürdige und unstete Organismus Paar scheint keine besonders erfolgreiche Lebensform zu sein. Und lernen kann man das Paarsein offensichtlich auch nicht: „Aber abschauen konnte man da nichts. Gefangen in eigenen Mustern, eigenem Scheitern. Auch half nicht, dass Adam, um zu wissen, was Frauen wollten, sämtliche Frauenzeitschriften abonniert hatte.“

Pheromonpartys wiederum – man sucht sich ein benutztes T-Shirt nach dem Geruch aus, mit dessen Besitzer sollte man eigentlich gut zusammenpassen – sind nur etwas für Hartgesottene. Was bleibt, sind Internetplattformen. Eva durchforstet das Netz und findet prompt ein Profil, das sie als das ihres Verflossenen erkennt. Sie beginnt eine Partie „Lebendschach“ und entwirft ein Profil, maßgeschneidert für Adams (vermeintlich) geheime Wünsche und Vorlieben. Prompt geht er ihr ins (buchstäbliche) Netz – und nun fängt sie erst an, „Die letzte Partie“. ■

Regine Koth Afzelius

Die letzte Partie

Roman. 208 S., geb., € 19 (Müry Salzmann Verlag, Salzburg)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.10.2016)

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