Was ich lese:Was ich lese: Kristina Sprenger

Ich geh gern auf Reisen, abenteuerliche Reisen im Kopf, die mich in eine andere Welt entführen und mich die Perspektive wechseln lassen.

Und ich schaue gern aus dem Fenster, beobachte die Welt da draußen und memoriere das Gesehene. „Woher kommen wir, wohin gehen wir, was wird aus uns werden? Wer sind wir, wer waren wir, wer werden wir sein? Unglaublich, was damals alles noch Zukunft war.“

Peter Henisch geht diesen Fragen in seinem neuen Roman Suchbild mit Katze (Deuticke Verlag) nach, in einer Art Biografie der tierischen Art. Er ermöglicht uns den Blick aus den Fenstern seines Lebens, auf die Gasse seiner Kindheit, auf seine Familie, auf die Besatzung durch die Russen, auf den Staatsvertrag, auf die Weltgeschichte. Und an seiner Seite immer wieder eine Katze, Murli, die Katze von einst – und Mimi, die von heute.

Peter Henisch spricht ein gemeinsames Gedächtnis an, er lädt zum Sinnierenüber das Erinnern selbst ein. Die Kindheit, all unsere Träume, unsere Sicht auf die Welt. Und das tut er mit einer ganz wunderbaren Erzählkraft, so leicht, so fließend, manchmal ironisch, manchmal ganz tiefgründig. Es ist aber auch ein Roman über die Geschichte und Identität Österreichs, ein wunderbares alltagshistorisches Dokument.

Es entführt uns in eine Zeit, in der es in Wien noch Scherenschleifer gab, Hasen als Lebensmittel in den Wohnungen gehalten wurden und an jeder Ecke ein Kino war. Ein ungetrübtes Lesevergnügen und eine heiter-melancholische Aufforderung, auch die eigenen verschütteten Erinnerungen langsam und mit Bedacht auszugraben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.10.2016)

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