Erich Hackl über Louis Mahrer: Da gilt ein Eid nichts mehr

Als zwei Funker zum Jahreswechsel 1943/44 entdecken, dass ihre Dienststelle den Chiffriercode der Partisanen geknackt hat, beschließen die beiden, diese zu warnen. Louis Mahrers „Bora“: ein Schlüsselwerk in der ungeschriebenen Geschichte antifaschistischer Literatur Österreichs.

Ein Buch wie dieses hat es den akademischen Verwesern der österreichischen Nachkriegsliteraturzufolge gar nicht gegeben: eines, das vom Widerstand zweier Wehrmachtssoldaten handelt, dabei ein klares, ungeschöntes Bild von den Vorgängen im besetzten Jugoslawien gibt und neben Mut und Verantwortungsbewusstsein seiner Protagonisten auch von deren Vermögen kündet, inmitten der Kriegsgräuel und politischen Wirrnisse ein tiefes Verständnis für Land und Leute aufzubringen.

Ich meine Louis Mahrers Erzählung „Bora“, die 1947 im Kremser Wachau Verlag erschienen ist, auf schlechtem Papier und mit typografischen Mängeln, weil die Setzkästen der unter kommissarischer Verwaltung stehenden Druckerei Faber unterbestückt waren. Der Autor, Jahrgang 1917, hatte in Wien Germanistik studiert, war noch vor seiner Promotion zur deutschen Wehrmacht eingezogen und als Funker zum Abhören feindlicher Militärsender ausgebildet worden. Diese Tätigkeit im sogenannten H-(Horch-)Dienst üben in der Erzählung sowohl Mahrers Alter ego Alfred Kroneck als auch dessen Landsmann Gerhard Schmiel aus. An ihrem Einsatzort, der mittelserbischen Kleinstadt Kraljevo, freunden sie sich miteinander an. Gemeinsam ist ihnen die Abscheu vor der Rohheit ihrer Kameraden und die, im Fall Schmiels sich erst allmählich verfestigende, Überzeugung von der Notwendigkeit, mehr als nur passiven Widerstand zu leisten.

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