Treffer: Er wollte doch nur spielen

Man kann es drehen und wenden, wie man will – am Ende steckt doch der kleine Knirps auch in noch so bedeutenden Männern, der sich in nicht immer passenden Situationen wieder bemerkbar macht.

Man kann es drehen und wenden, wie man will – am Ende steckt doch der kleine Knirps auch in noch so bedeutenden Männern, der sich in nicht immer passenden Situationen wieder bemerkbar macht. Dann erwachen die Kindheitshelden Winnetou und Old Shatterhand zu neuem Leben. Das war wohl auch so, als sich im Sommer 1974 Jens Daniel – als weiteres Pseudonym verwendete er auch Moritz Pfeil – auf einem Wohnsitz am holsteinischen Brahmsee zwecks eines Interviews bei einem wichtigen Politiker einfand. Gar viel gab es mit dem zu besprechen, war der Gastgeber doch Nachfolger eines Friedensnobelpreisträgers im Kanzleramt geworden.

Die Herren, beide Nordlichter, kannten einander seit vielen Jahren. 1962 war der Publizist, durch eine Geschichte in seinem Magazin über die deutsche Bundeswehr, in veritable Schwierigkeiten geraten (der damals im Amt befindlicheVerteidigungsminister hatte ihn sogar auf nicht gesetzeskonforme Weise unter dem Verdacht des Landesverrates festnehmen lassen). Der Politiker – nebenbei, er feiert soeben einen recht hohen Geburtstag – war ihm dabei hilfreich zur Seite gestanden. Und dann dieses Bild, das vor einigen Wochen wieder im Magazin des mittlerweile verstorbenen Publizisten veröffentlicht wurde.

Es war Sommer 1974 gewesen – undder Durst wohl groß. Nach dem Gesprächschritt der Politiker in aufgeräumter Stimmung die Stufen in seinem Garten hinab. Einige Schritte hinter ihm der Publizist, der eben einen besonders heimtückischen Komantschen aus den Romanen Karl Mays mimte. Er hatte ein wohl neben dem Weg liegendes Gartengerät aufgelesen, das er nun bedrohlich in Richtung des Gastgebers schwang. Es war keine Harke, es war ein Beil – und ein Blutbad im Bereich der Möglichkeit. Denn der Leibwächter des Politikers hatte das Spielerische der Szene nicht sofort durchschaut und seine Waffe bereits gezogen und entsichert. Um nicht irrtümlich andere Personen zu töten, hat er dann doch nicht geschossen. Der Besucher kommentierte den Vorfall später in einem Brief an den Politiker: „Fazit: Man soll sich also solche Späße verkneifen. Weiteres Fazit: Wenn nein, soll man sie wenigstens fotografieren, wie hier geschehen.“ ■


Wer traf wen? Der Verteidigungsminister? Vorgänger und Nachfolger des Kanzlers?

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.12.2012)

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