Treffer: Spitzbäuchlein geht baden

Macht Macht hungrig? Ja, Macht macht hungrig. Nehmen wirnur diesen Mann: Mitte der 30 hatte er an Gewicht zuzulegen begonnen. Er war, erstens, Kaiser geworden; und er hatte sich, zweitens, eine schwerere Kost angewöhnt. Jetzt, mit 43, trug er ein regelrechtes Spitzbäuchlein, und man darf sagen, es stand ihm gut; mächtigen Männern steht einfach alles gut. Seine Unternehmungslust freilichwurde durch die Beleibtheit nicht beeinträchtigt.

So trug ihn die Zuversicht, dass seine neue Armee – 226.000 Mann! – mit zwei Feinden auf einen Streich fertigwerden konnte. Voraussetzung war, dass sich eine dritte, neutrale Macht nicht mit diesen beiden Feinden verbündete. Der Kaiser musste also um jeden Preis dafür sorgen, dass dieses Land neutral blieb.

Er drang wiederholt auf eine Aussprache. Ohnedies bestanden zwischen den beiden Höfen verwandtschaftliche Beziehungen, und endlich wurde eine Begegnung vereinbart. Das war Ende Juni. In einer Stadt, die eben erst als das „deutsche Florenz“ gefeiert worden war, empfing der Kaiser den Außenminister des damals neutralen Reiches. Dieser, vier Jahre jünger, mit lockigem Haar und glatter, schimmernder Haut: ein Porzellanfigürchen; und gleichwohl der durchtriebenste Diplomat Europas, unentwegt hinter denKulissen beschäftigt.

Die Unterredung, später „Das weltgeschichtliche Gespräch“ genannt, dauerte von 11.15 Uhr bis 20.30 Uhr, ohne Unterbrechung. Der Ältere traute seinen Ohren nicht: Als Preis für die Neutralität verlangte sein Gast, dass er, der Kaiser, mehr als die Hälfte seiner territorialen Gewinne ausden vergangenen zehn Jahren herausgebe. „Das also sind Ihre maßvollen Forderungen!“, schrie Majestät und schleuderte den Hut, den weltberühmten, in die Ecke, wie die Biografen zu berichten wissen.

Die Forderungen waren tatsächlich derart hochgeschraubt, dass der Kaiser sie ablehnte. In der Vergangenheit war es ihm stets gelungen, die Übermacht der Gegner auf zwei zu eins zu beschränken. Drei odervier gegen einen – war das nicht zu viel? Es war zu viel, wie sich bald, im Herbst desJahres, in einer großen Schlacht herausstellen sollte. So nahm das Verhängnis seinen Lauf. Dem Kaiser, ziemlich machtlos nun, wurde eine Insel im Mittelmeer als Wohnsitz zugewiesen. ■

Wer traf wen? Von welcher Schlacht ist
die Rede? Von welcher Insel?

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.03.2014)

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