Treffer: Coolness mitten im Mai

Da gibt es einen Amerikaner, der betritt die Bühne, nimmt das Mikrofon in die Hand, ganz selbstverständlich, ohne jeden Anflug von Lampenfieber, und hat sein Publikum sofort im Griff. Ein Entertainer, dem die Welt zu Füßen liegt, ein Mann mit Charisma, in diverse Affären verstrickt, ein Held der Gazetten diesseits wie jenseits des großen Teichs.

Das alles hat dem Briten schon als Teenager imponiert. Inzwischen ist er selbst auf dem Weg nach oben, mit einer ganz anderen Art von Musik. Zusammen mit seiner Band hat er erste Erfolge eingefahren: Platzierungen in den Top Ten der englischen Charts, umjubelte Tourneen und die Aussicht auf den Höhenflug des Albums, das er und seine vier Kollegen gerade aufnehmen: diesmal in Los Angeles, nicht weit von jenem Studio entfernt, in dem auch der Amerikaner seine neuesten Songs einspielt.

Ob er, der Brite, sich da einmal einschleichen und seinem Idol bei der Arbeit zusehen dürfte? Einer der Warner-Bosse macht's möglich. Und so sitzt der 22-jährige Engländer ein paar Tage später im Raum mit dem Mischpult und wartet. Der von ihm so geschätzte Sänger und Schauspieler trifft ein, ganz Gentleman, schwarzer Anzug, schmale Krawatte. Er fackelt nicht lange, setzt an, drei Lieder, in jeweilszwei Versionen, dann ist alles auf Band. Ein Vollprofi, seit Jahrzehnten.

Als er noch kurz in den Kontrollraum kommt, stellt ihm der Techniker den Kollegen aus Dartford vor und nennt dabei den Namen der Gruppe, deren Konzerte die Teenager zum Kreischen bringen. Der Amerikaner nickt. Er hat keinen blassen Schimmer, wer die fünf jungen Leute sind. Den Namen des Gitarristen und Songwriters, den er da kennenlernt, hat er noch nie gehört.

Muss er auch nicht. Einer wie er ist sich selbst genug, er macht alles nur mehr„auf seine Weise“. Ein Gruß, und weg ist er. Steigt in seinen offenen Lincoln Continental und verschwindet. Eine Lektion in Coolness und Selbstsicherheit. Der Brite ist sprachlos. Jener Mai-Nachmittag des Jahres 1965 bleibt einer der aufregendsten Tage seines Lebens. Ein Star zu sein, dabeilässig zu bleiben: Wunschtraum? Wenig später: Realität. „Satisfaction“ pur. ■


Wer traf wen? An welchem Album arbeitete die britische Band zu jener Zeit?
Welcher ihrer legendären Songs ist auf der amerikanischen Ausgabe dieses Albums zu finden?

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.06.2014)

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