Treffer: Die Hose in derHütte am Meer

Er habe sich gefreut, schreibt der spätere deutsche Großautor – groß schon durch seinen zweiten Vornamen –, zu einem Literaturkongress eine Einladung nach Russland zu erhalten. Und etwas gewundert, war dessen Thema doch „Probleme des zeitgenössischen Romans“ – und einen solchen hatte er noch nicht verfasst. Aber es war eine Gelegenheit, im August 1963 große Autoren aus dem Westen zu treffen wie Nathalie Sarraute, William Golding sowie das französische Paar, ohne das fast nichts ging, wie auch aus der Sowjetunion Ehrenburg, Scholochow und Twardowski. Selbst das russische Popidol war da, ein Lyriker, der vor Tausenden Zuschauern, auf Stalin gemünzt, gerufen hatte: „Lasst ihn nicht raus! Bewacht sein Grab, dass er nicht wiederkehrt!“ Und der führte in Leningrad den Deutschen in einen Untergrund-Club, in dem sogar Beatmusik zu hören war.

Weiter ging es am nächsten Abend nach Moskau zu einer „Internationalen Dichterlesung“ in einem Gewerkschaftshaus, und dann sprach sich die eigentlicheSensation herum: Der absolute Gebieter des Riesenreiches lud eine Delegation zu Gesprächen in sein Haus ein. Unser Besucher war dabei, also auf nach Sotschiund dann nach Gagra, zur Villa des Politikers. Der begrüßte alle freundlich und ergriff alsbald das Wort. Der Gast erinnert sich: „Es folgt eine Rede von 50 Minuten, die jeden logischen, diskursiven Zusammenhang vermissen lässt.“

Dies und die heißen Sommertemperaturen führten bei manchen Besuchern zu Müdigkeit. Da hatte der Gastgeber eineIdee: Man könne ja im Schwarzen Meer baden gehen. Unser Besucher verfiel. Hatte in seiner Heimat die kleine Cornelia doch schon seit zwölf Jahren „Pack die Badehose ein“ geträllert – und er hatte darauf vergessen. Was tun? Nackt baden vor den Augen der gestrengen Französin?

War Rettung möglich? In einer Hütte fand der Besucher, ein Schmalpickter seit je, drei Badehosen des pyknischen Gastgebers, die ihm bis zum Knie reichten. In den zehn Minuten des Schwimmensmusste er sie mit beiden Händen festhalten. Es darf also von Rückenschwimmen ausgegangen werden. Gefühlt muss ersich haben in dem Schwimmutensil wie eine Eidechse in einem Schildkrötenpanzer. Dann waren alle wieder erfrischt. ■


Wer traf wen? Das französische Paar, ohne das damals nichts ging? Das russische „Popidol“?

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.02.2015)

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