Treffer: Genie, Schnaps und Eifersucht

Sie begannen den Tag mit dem Lesen des Horoskops im „Paris Soir“ und versuchten so zu erfahren, wo das nächste Geld herkommen würde. Sie waren in ständiger Geldverlegenheit, Hotelrechnungen konnten nicht bezahlt werden – trotz ihres chronischenGeldmangels nächtigten sie unter anderem im Wiener Hotel Bristol –, und immer wieder mussten sie ihre Sachen verpfänden, die sie erst mit dem Erhalt des nächsten mageren Honorars für einen Zeitungsartikel auslösen konnten. Wenn sie nicht gerade im Café saßen und an ihren Manuskripten schrieben, saßen sie im Café und tranken. Er schwarzen Schnaps, sie Wein und durchsichtigen Schnaps.

Ihr Exilleben in Ostende und Paris von 1936 bis 1938 bewegte sich zwischen diesen beiden Tätigkeiten. Er war ein unermüdlicher, ja manischer Arbeiter und trieb sie an, wenn sie zu spät aufstand:„Wie kommen Sie dazu, im Bett zu liegen?Sie sind ein Schriftsteller, Sie haben keine Frau zu sein, sondern ein Soldat!“ Der Soldat versprach, noch am selben Tag 35 Seiten zu schreiben, und der ehemalige k.u.k. Fähnrich würde am Abend nachzählen. Ihre Bücher waren in Deutschland einige Jahre davor verboten worden, nun schrieb sie an einem umwerfend komischen Jugendbuch mit gleichzeitig subtilen Anspielungen auf die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg, einem Buch, das später, in den Fünfzigerjahren, große Bekanntheitim deutschsprachigen Raum erlangte. Seine extreme Eifersucht konnte sie jedoch bald nicht mehr aushalten. Sie verließ ihn 1938. Ein Jahr später starb er in einem Pariser Hospital.

Der Auftrag, den er von Otto vonHabsburg erhalten hatte, hieß: mit dem Trinken aufzuhören. Doch der vom Sozialismus zum Monarchismus konvertierte Autor und Journalist konnte diesem Befehl nicht mehr Folge leisten. Er erlag mit 45 Jahren einer doppelseitigen Lungenentzündung und dem abrupten Alkoholentzug im Krankenhaus, einige Wochen, nachdem er sein letztes Werk abgeschlossen hatte.

Seine Gefährtin aus den Exiltagenkonnte dem Alkohol länger standhalten, sie starb 1982 an Lungenkrebs, nachdem ihre Werke aus der Zwischenkriegszeit wiederentdeckt und neu aufgelegt wurden. Tucholsky hatte ihr in ihrer Jugend verwundert attestiert: „Eine schreibende Frau mit Humor, sieh mal an!“ ■


Wer traf wen? Wie heißen die bekanntesten Werke der beiden Gesuchten?

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.06.2015)

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