Treffer: Hoch droben im Norden

So trug es sich zu, dass der vermeintlich „größte Soldat“ eines europäischen Landes zu seinem 75. Geburtstag vom politischen Machthaber eines anderen Landes besucht wurde. Bei dem Treffen schnitt ein Tontechniker heimlich ein paar Minuten des Gesprächs mit – eine Rarität, da auf diese Art erstmals ein Privatgespräch der beiden Männer während des Kriegs aufgezeichnet war. Eine Anekdote von dem Treffen besagt, dass sich das Geburtstagskind eine Zigarre anzündete, um die Verhandlungsposition des 22 Jahre jüngeren Gastes zu eruieren – doch blieb die erwartete Reaktion aus.

Der eine offiziell ein Russe, zur schwedischen Minderheit in Finnland gehörend, hatte die Kavallerieschule in Sankt Petersburg besucht und der russischen Armee gedient. Später war er Leibwächter des Zaren und erforschte auf dessen Geheiß das russisch-chinesische Grenzgebiet. Der andere hatte indes eine Sondergenehmigung erhalten, um im Ersten Weltkrieg für ein anderes Land als sein Vaterland zu kämpfen. Beruflich hatte er sicheigentlich in eine völlig andere Richtung entwickeln wollen.

Nach der Oktoberrevolution 1917 verließ der eine die russische Armee und wanderte nach Finnland aus, wo er während der beiden Weltkriege Befehlshaber der finnischen Armee war. Obwohl er sehr schlecht Finnisch sprach, wurde er nach dem Krieg zum Nationalhelden. Kritik und Spitznamen wie „blutiger Baron“ oder „weißer Teufel“ erntete er allerdings ebenso wegen seiner antibolschewistischen Haltung. 1944 wurde er Präsident Finnlands, 25 Jahre zuvor war seine erste Kandidatur nicht erfolgreich gewesen. Der andere verblieb nach dem Krieg in seiner neuen Heimat, dem größeren, vermeintlichen Bruderland, und sann auf Rache für die Niederlage desselben. Wie es das Schicksal wollte, machte auch er im Exilland Karriere und wurde am Ende Herrscher über das Land sowie zahlreiche andere neue Länder. Seine Rolle im Zweiten Weltkrieg war ungleich größer als jene im Ersten.

Nach dem einen war ein alkoholischesGetränk benannt, das aus Wodka, Aquavit, Gin und Wermut bestand und sich zur Kriegszeit einiger Beliebtheit erfreute; der andere war zur selben Zeit für eine Vielzahl von beispiellosen barbarischen Aktionen verantwortlich. ■


Wer traf wen? Was hatte es mit der Zigarre auf sich? Wie hieß das Getränk?

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.11.2015)

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