Treffer: Stimmt, Musen leben länger

Aus feministischer Sicht könnte man sagen: Typisch! Wieder ein Künstler, der seinen Erfolg seiner Frau verdankte und sich vorzeitig aus dem irdischen Dasein verabschiedete. Seinem Ende, versteht sich, ging ein aufgeregtes, ein überbordendes Lebenvoran, das er über viele Jahre mit der Frau geteilt hatte.

Die beiden lernten einander Anfang der 1940er-Jahre in New York bei einerAusstellung kennen, bei der die Frau, die ihrerseits Künstlerin war, Bilder aus ihrem Œuvre zeigte. Durch ihn veränderte sich ihre Arbeit, wurde freier, experimenteller und abstrakter. Doch hatte sie es als Frau zu dieser Zeit im Kunstbereich nicht einfach: Sie wurde nicht wirklich ernst genommen. In den folgenden Jahren, die sie gemeinsam mit dem Mann verbrachte,rückte ihre Arbeit aber nicht nur deshalb in den Hintergrund.

Nach ihrem gemeinsamen Umzug ausder Großstadt in ein Häuschen auf dem Land widmete sie sich vermehrt ihrem Mann, den sie mental unterstützte und dem sie Muse war. Diese mentale Unterstützung hatte er auch dringend nötig, da er sich dem Alkohol verschrieben hatte und massiv unter psychischen Problemen litt.

Die amerikanische Bevölkerung feierte den Mann als jungen Maler, der mit „Action Painting“ zu Beginn des Kalten Krieges das neue, wilde Amerika repräsentierte. Nach der Biennale in Venedig 1950, wo einige seiner Werke gezeigt wurden, malte er in den wenigen Jahren darauf bis zu seinem frühen Tod aufgrund seiner psychischen Erkrankung nur sehr wenige Bilder. Deshalb wurde etwa aus einer mit seinen neuen Werken angesetzten Einzelausstellung kurzfristig eine Retrospektive.

Die Frau erlebte nie ihren Durchbruchals Künstlerin – vielmehr blieb sie, wie es so oft der Fall in Künstlerbeziehungen ist, stets als Mentorin einen Schritt hinter ihrem bekannten Ehemann. Erst nach seinem Tod begann sie wieder intensiv, sich ihrer Kunst zu widmen, und so entstanden Werke, die wie ein später Befreiungsschlag erschienen und in denen sie die Beziehung aufarbeitete. Ihre Werke signierte sie meist nur mit ihren Initialen, um sich nicht als Frau zu deklarieren. Den Mann überlebte sie um 28 Jahre. Ein typisches Künstlerfrauenschicksal, könnte man also sagen. ■


Wer traf wen? Wie lautete der Spitzname des Malers?

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.01.2016)

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