Treffer: Hallo Graz, wir kommen!

Der Grieche war damals die Verkörperung enormen Reichtums und in jeder Klatschillustrierten auf vielen Farbseiten zu finden, was die Fantasierlust des Lesepublikums ins Unermessliche steigerte. Dazu kam noch sein Erfolg bei prominenten Damen auf internationalem Parkett. Die Frauen träumten sich da als Gefährtin an seine Seite, die Männer bewunderten mehr die in jedem Bericht abgebildeten Jachten, obwohl sie ihn auch als erstaunlichen Womanizer hoch schätzten. Manch österreichischerGebrauchtwarenhändler hätte ja auch ganz gern eine Operndiva oder eine Präsidentenwittib als Braut heimgeführt, sah sich aber wohl im Geschäft gerade unabkömmlich. Da konnte natürlich nichts daraus werden.

So ist es kein Wunder, dass zu Beginn des Jahres 1969 die Landeshauptstadt an der Mur schier aus dem Häuschen, ja fast aus dem Uhrturm geriet, als das Gerücht auftauchte, der Nabob werde samt Glamourgattin Graz einen Besuch abstatten. Dabei hätte das verkündete Datum bei einigen ein Alarmglöckchen läuten lassen müssen! Zwar war es bis zum 1. April nochweit, aber eine Zeitung nannte just den Faschingsdienstag als Tag der Ankunft. Und an dem fand sich eine große Menschenmenge vor dem Bahnhof ein, um denDuft der großen weiten Welt zu spüren. Und siehe da – ein kleiner grauhaariger Mann mit den bekannten Gesichtszügen und dunkler Sonnenbrille schritt an der Seite einer ihn überragenden dunkelhaarigen Schönheit aus der Station heraus und auf die Wartenden zu.

Die Grußworte entsprachen freilich nicht ganz dem Griechenbild. Denn statt „Menin aeide thea“ oder „Gnothi s'auton“ zu sagen, begrüßte der Mann „die lieben Grazer“. Großer Jubel! Hatte er wie der tote Ex seiner nunmehrigen Gattin ein paar Brocken Deutsch gelernt, um eine Weltstadt für sich einzunehmen? Dann wurde das Traumpaar der Kitschpresse ins Rathaus begleitet, wo schon Bürgermeister und Stadtsenat warteten. Der Besucher ließ sich dabei nicht lumpen und versprach, die Kosten für eine zu errichtende Werftanlage am Grazer Hilmteich zu tragen. Und wieder war der Jubel groß! Allerdings: Bei der Fahrt nach Wien soll der „edle Spender“ zu seiner Begleiterin gesagt haben: „So ist noch nie ein Schauspieler gefeiert worden!“ ■


Das Traumpaar des Kitschjournalismus? Die wirklichen Besucher? Die paar Brocken Deutsch des Ex? Der Grazer Bürgermeister?

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.01.2016)

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