Natürlich hat sie das Drehbuch gelesen, wieder und wieder. Mit der Entscheidung, am Film mitzuwirken, aber lässt sie sich Zeit. Sie fühlt sich geehrt, zu einem derart prominenten Projekt eingeladen worden zu sein: Der Regisseur ist ein international bekannter Däne, der sich für die Demokratisierung des Films einsetzt und mit früheren Streifen Weltruhm erlangt hat. Er möchte sie überreden, erstmals als Schauspielerin aufzutreten. Das schürt Ängste: Eigentlich ist sie Sängerin und sollihre Musik zum Film beisteuern. Würde sie der Hauptrolle des Streifens gewachsen sein? Schließlich gibt sie sich einen Ruck und nimmt das Angebot an.
Am Set treffen zwei starke Persönlichkeiten aufeinander. Entsprechend hitzig verläuft die Zusammenarbeit. Als es darum geht, die Szene in den Kasten zu bringen, in der die Hauptfigur gehängt wird, flippt die Neo-Schauspielerin aus: Sie will nicht sterben und möchte das Skript umschreiben, das sie vorher abgesegnet hat. Mit derlei Wünschen rennt sie beim Regisseur gegen eine Wand. Zwei aufbrausende Charaktere geraten sich in die Haare. Die Musikerin spürt zudem, dass sie um jede Note ihrer Kompositionen kämpfen muss. Sie droht, alles hinzuschmeißen. Zwischendurch zweifelt das gesamte Team daran, ob man diese moderne Variante des Musicalfilms je zu einem guten Ende manövrieren würde. Doch der Kraftakt gelingt.
Als es darum geht, den fertigen Streifen zu präsentieren, legt die Sängerin einen beinharten Vertragsentwurf vor: Sie handelt mit der Produktionsfirma aus, so berichten skandinavische Zeitungen, dasskeines der Bilder, die man für die Medien aufgenommen hat, veröffentlicht wird. Damit sucht sie zu verhindern, dass ihre Fans sehen, wie sie sich vor Zorn die Bluse zerreißt oder barfuß und wild weinend vor der Kamera davonläuft.
Sie habe ihre Rolle eben nicht gespielt,sondern wirklich gelebt, erklärt der Regisseur, als er auf Promotion-Tour geht, und verteidigt damit das überbordende Temperament seiner Hauptdarstellerin. Gemeinsam – und dabei friedlich und strahlend – nehmen die beiden die Ovationen und Auszeichnungen entgegen, die ihnen der Film einbringt. Ein weiterer Dreh abersei ausgeschlossen, hält die Sängerin fest: ihr Dogma, unverrückbar. ■
Wer traf wen? Zu welcher Trilogie
gehört der Film, und welche Streifen
folgten ihm nach?
("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.03.2016)