Treffer: Er heiratet einen Schoß

Ich heirate einen Schoß.“ So einfach ist das. Seine erste Ehe ist kinderlos geblieben. Seine Frau, der er in großer Liebe zugetan war, hatte in die Verbindung einen Sohn und eine Tochter mitgebracht, die er adoptierte. Doch eigentlich wartete er auf eigene Nachkommenschaft, um eine Dynastie zu gründen. Vergeblich. Nachdem er die Scheidungverkündet hat, begibt er sich neuerlich auf Brautschau.

Wer würde sich am besten eignen, ihm
einen Erben zu schenken? Er lässt sich Bilder zeigen, stellt strategische Überlegungen an und kapriziert sich schließlich auf eine 18-Jährige aus allerbestem Haus. Mit deren Vater wird er schnell handelseins. Eine Ferntrauung bestätigt die Allianz, die dafür sorgen soll, zwei Länder zu befrieden, die sich so oft feindlich gesinnt waren.

Für die Braut eine bittere Herausforderung. Sie ist in einen anderen verliebt und weiß, dass er unerreichbar bleibt.Also fügt sie sich schweren Herzens in ihr Schicksal und sucht sich damit zu trösten, dass ihr Vater das Opfer bewundern würde, das sie bringt. Sie hat es nicht leicht. Paris empfängt sie mit Argwohn. Selbst alssie den ersehnten Thronfolger geboren hat, lehnt man sie ab: Man macht sie sogarfür die wachsende Zahl an militärischen Niederlagen verantwortlich, die Frankreich beuteln und die den Ruf ihres Mannes als Feldherrn stören. Auch die Ehe selbst ist nicht glücklich, wiewohl sich daserlauchte Paar in freundlichen Schreiben seiner Zuneigung versichert.

Als der Regent zum Rückzug aus sämtlichen politischen Ämtern gezwungenwird, scheint die Verbindung unwiderruflich zu Ende. Seine Frau flieht nach Wien: genug der Opfer. Die Briefe ihres Gatten, die ihr ein Wiedersehen vorschlagen, beantwortet sie zurückhaltend. Bis der Kontakt aufhört. Vom Tod des Ehemanns liest sie in der Zeitung und fasst die wechselvolle Beziehung in einem Satz zusammen:„Obwohl man froh darüber sein muss, dass er sein unglückliches Leben christlich beendete, hätte ich ihm noch viele glückliche Jahre gewünscht, besonders wenn er weit weg von mir wäre.“ DreiWochen später heiratet sie ihren Geliebten. Es sollte nicht ihre letzte Hochzeit sein. Ihre Wärme und ihr politisches Geschick werden andernorts über ihren Tod hinaus gewürdigt. ■


Wer traf wen? Wer war der Vater der Braut? Wer wurde ihr dritter Ehemann, der ihr zu Nachruhm verhalf?

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.10.2016)

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