Sprachspaltereien: Verb, du Randfichte!

„Verb, Weib!“, bellt mich mein Freund regelmäßig an, wenn ich in Kindermanier Fragen stelle wie „Kann ich die Butter?“, „Darf ich mich hier?“, „Soll ich dir?“ Haben! Hinsetzen!

„Verb, Weib!“, bellt mich mein Freund regelmäßig an, wenn ich in Kindermanier Fragen stelle wie „Kann ich die Butter?“, „Darf ich mich hier?“, „Soll ich dir?“ Haben! Hinsetzen! Auch einen Kaffee machen!

„Schweig, Mann!“, beiße ich zurück, und so pflegen wir eine wortgewaltige, harmonische Art der Kommunikation.

Nicht nur Kosenamen, auch Schimpfwörter wollen variantenreich eingesetzt werden: Das „Knuffelbeest“, holländisch für „Kuscheltier“, haben Sie vielleicht noch in Erinnerung. Hasen in allerlei Gestalt sind reichlich abgelutscht. Dann schon lieber die Randfichte, das ist jene eher minderwertige am Waldesrand – obwohl es sich dort ja so besonders schön spazieren geht. Oder die Glunzn, die Furche am Rand des Feldes, auch sie nicht gerade der schönsten eine. Wenn sie dann auch noch mit dem Attribut „blade“ bedacht wird, schlägt's 13! Dass Glunzn auch – wenig charmant – das weibliche Geschlechtsorgan bezeichnet, sei nur am Rande (des Wortfeldes) erwähnt.

„EUROPAVERKEHRE“ – so lautet die Aufschrift an der Rückseite eines Lastwagens, der uns bei einer eineinhalbstündigen Irrfahrt zu Ikea Nord begegnete. Wenn man, was fast automatisch geschieht, einen Beistrich dazu denkt – Europa, verkehre! – wird's lustig; dem Bevölkerungsschwund in der EU wäre leicht gegenzusteuern. Anderswo stehen „effiziente Büros“ zur Vermietung – sollte man diversen NGOs empfehlen, bei denen viel wertvolle Zeit mit Meetings, Konzepten und Protokollen verplempert wird... So hat sich der Umweg zumindest sprachlich gelohnt!

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.04.2012)

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