Triebabfuhr

Politische Pöbelei im Ornat der Rechtsgeschichte! Zu F. K. Vogls„Nur kein ,starker‘ BP: Warum denn?“ („Spectrum“, 28. Mai).

Was ein Glück, dass ein Hofer-Propagandist wie Herr Felix Karl Vogl sich nun publizistische Gelegenheiten derTriebabfuhr sucht und sie auf diesen Seiten auch findet – so gerät er nicht in die burschenherrliche Versuchung, dazu aufzurufen, endlich Banden zu gründen, „die agieren und notfalls zuschlagen“, wie dies jüngst seine mutmaßlichen Gesinnungsgenossen taten, bevor sie von Herrn Strache zurückgepfiffen wurden.

In der Sache gehört durchaus Selbstüberwindung dazu, im Wässerchen der von Herrn Vogl gebotenen Banalitäten mitzuplätschern. Was darin richtig ist, hat er nicht verstanden, und was daran falsch ist, macht immerhin verständlich, warum der gute Mann seit 2010 am Erwerb zusätzlicher akademischer Weihen herumdoktort, aber einen Abschluss bis dato nicht finden konnte.

Müssen wir Herrn Vogl wirklich noch beibringen, dass Johannes Schober, der 1927 auf die Wiener Demonstranten schießen ließ, gerade von den Heimwehren als „starker Mann“ angesehen wurde, diesen als Hoffnungsträger galt und 1929 durch den politischen Druck eben der Heimwehren Bundeskanzler wurde? Müssen wir ihm erst noch darlegen, dass es dasideologische Amalgam von Seipel'schem katholisch-cäsaristischem Tribunentumund Schobers reaktionär-autoritärem Polizeistaat war, das sich in der B-VG-Novelle 1929 niederschlug – auch wenn die Sozialdemokratie Schlimmeres vermeiden konnte?

Wie auch immer: Herr Vogl mag sich sachlich durchaus blamieren, so weit ihm dies beim anvisierten Aufstieg innerhalb der Freiheitlichen nützlich erscheint. Auf diesem Feld mag er wandern, wohin ihn seine Gedankenlosigkeit auch tragen mag.

Vom Vazieren zur Niedertracht

Ein Ende muss dieses Vazieren aber dort finden, wo des Herrn Vogl durchscheinende politische Interessiertheit in Niedertracht ausartet: Der Kollege will bemerkt haben, „dass die präsidialen Machtbefugnisse zuletzt von sozialdemokratisch punzierten Intellektuellen öffentlich problematisiert wurden, und zwar seit dem Wahlgang der P-Wahl 2016. Deren Problembewusstsein scheint pünktlichentstanden zu sein, als ruchbar wurde, dass nicht mehr einer der Ihren dieses Amt bekleiden wird. Wie viel intellektuelle Redlichkeit man also insbesondere den Herren Rathkolb und Noll für ihre zeitgerecht zu Markte getragene Besorgtheit zugestehen soll, muss jeder Leser für sich selbst entscheiden“.

Kein Mensch in Österreich ist je auf den Gedanken gekommen, mich als einen „sozialdemokratischen Intellektuellen“ zu bezeichnen; und nur Herr Vogl ist des Lesens so weit unkundig, dass ihm entgehen konnte, dass ich seit 1994 wiederholt und an verschiedenen Stellen die Abschaffung des BP-Amtes fordere, und zwar just aus den Gründen, die anlässlich des unsäglichen Sagers von Hofer – wir würden uns alle noch wundern, was geht! – die Problematik der dem BP eingeräumten Befugnisse wiederum hat evident werden lassen. Die vonHerrn Vogl dem Publikum nahegelegte Suggestion, mir sei die Reichhaltigkeit präsidialer Befugnisse erst aus politisch-konjunkturellen und also aus unredlich opportunistischen Gründen problematisch geworden, ist infam und jedenfalls niederträchtig.

Eines hat Herr Vogl immerhin bewiesen: dass nämlich nach der verlorenen BP-Wahl die Freiheitlichen noch aggressiver die Auseinandersetzung suchen und noch entschlossener in politische Pöbeleien stürmen werden. Düstere Zeiten brechen an. ■


Alfred J. Noll, geboren 1960 in Salzburg, Dr. jur., ist Anwalt in Wien und Universitätsprofessor für Öffentliches Recht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.06.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.