Giganten sehen dich an

In der Abenddämmerung der Gutenberg-Ära: Gute Nacht?
In der Abenddämmerung der Gutenberg-Ära: Gute Nacht?(c) VICTOR DE SCHWANBERG / Science Photo Library/picturedesk.com
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Für Facebook, Google & Co. sind Algorithmen der Heilige Gral. Doch mathematische Handlungsvorschriften betreffen auch Medienbetriebe, die auf den ersten Blick gar nicht so viel mit der digitalen Welt zu tun haben: die guten alten Zeitungen. Sogar in Österreich.

Bagdad muss vor 1200 Jahren eine faszinierende Metropole gewesen sein. Von dort aus herrschte der Kalif Harun al Rashid über ein Reich, das sich vom heutigen Algerien bis an die Grenzen Indiens erstreckte. Bagdad war der multikulturelle Brennpunkt eines Imperiums, in dem Stadtkulturen und der Welthandel blühten. Sogar zu den wissenschaftlich rückständigen Karolingern pflegten die Abbasiden Beziehungen. In Bagdad schwirrten die Ideen, lebten die größten Gelehrten ihrer Zeit. Heutzutage hat vielleicht das Silicon Valley einen vergleichbaren Ruf.

Ein Wort aber war damals im märchenhaften Bagdad und ist auch heute für die Technologiekonzerne am Rand von San Francisco von großer Bedeutung: Algorithmus. Was bedeutet dieser in jüngster Zeit selbst in Feuilletons in Mode gekommene Begriff? Er bezeichnet, vereinfacht gesagt, ein Kochrezept, eine Handlungsvorschrift zur Lösung eines (mathematischen) Problems. Das Wort Algorithmus leitet sich von einem genialen Mann ab, der vor ungefähr 1200 Jahren in Bagdad wirkte, ursprünglich aus Choresmien stammte (damals ein Teil Persiens, heute eine Großoase zwischen Usbekistan und Turkmenistan). Abu Dscha'far Muhammad ibn Musa al-Chwarizmi (der aus Choresmien) war Geograf, Astronom und Mathematiker, in der Blütezeit der Abbasiden. Al-Chwarizmi galt als Meister der Algebra, durch seine Abhandlungen wurde zum Beispiel die Null, die ursprünglich vielleicht aus Indien stammte, allgemein gebräuchlich. Eines seiner wichtigsten Bücher erhielt sich nur in einer lateinischen Übersetzung mit dem Titel:„Algorithmi de numero Indorum“, also eine Verballhornung des Namens („Al-Chwarizmi über die indischen Zahlen“). Der Mann war Mitglied im Haus der Weisheit, dem Thinktank der Abbasiden. Heute säße er wohl bei IBM, Microsoft oder der Nasa,denn seine Rechenregeln sind noch immer wesentlich – ohne sie gäbe es keine Computerwissenschaften. In wohldefinierten Einzelschritten lösen Algorithmen alle nur denkbaren Probleme.

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