Wie viel Faulheit braucht der Mensch?

Zu faul, um mitzumachen bei Trend, Stream und Flut: Auch das könnte eine zeitgemäße Maxime sein.
Zu faul, um mitzumachen bei Trend, Stream und Flut: Auch das könnte eine zeitgemäße Maxime sein.(c) APA (Techt Hans Klaus)
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Geistesarbeit, Sexarbeit, Beziehungsarbeit, Körperarbeit. Kein Honiglecken. Alles und jedes gerät uns unter der Hand zur Arbeit. – Vom Mut zur Faulheit.

Wer wortreich die Faulheit verteidigen will, verstrickt sich in einen Selbstwiderspruch. Wer die Faulheit ernst nimmtund sie praktizieren will,kann über sie nichts sagen, allenfalls müsste er sein Anliegen verraten und fleißig werden. Gotthold Ephraim Lessing, gerade kein Fauler, musste diese bittere Erfahrung machen, als er ein „kleines Loblied“ auf die Faulheit, dieses „höchste Gut“, anstimmen wollte, aber von der Faulheit selbst daran gehindert wurde.

Faulheit hindert. Nicht nur daran, sie zu besingen, sondern überhaupt an jeder Form von Tätigkeit. Faulheit ist das Gegenteil aller Tätigkeit, der Faule ist der Untätige, und dennoch, Lessing vergisst darauf nicht, sie ist das „höchste Gut“, das seinem Besitzer ein „ungestörtes Leben“ verspricht. Als höchstes Gut aber, als Summum Bonum, galt den Alten das Glück oder die Glückseligkeit. Nähmen wir Lessing, den Aufklärer, ernst,dann müssten wir uns auch die Frage stellen dürfen: Macht Faulheit glücklich? Einer Zeit, diein der Arbeit, der Leistung und im Erfolg ihre zentralen Werte und deshalb auch ihre Glücksversprechen sieht, muss dies als eine eher verschrobeneAnsicht gelten. – Wohlstimmt es: Fast reflexartig bestimmen wir Faulheitals Gegensatz zur Arbeit. Je nach moralisch-politischer Ausrichtung können wir diese Faulheit dann positiv besetzen und von Muße, Regenerations- und Reflexionsphasen oder kreativen Pausen sprechen, oder wir sehen darin nur die Arbeitsverweigerung, die Versorgungsmentalität auf Kosten anderer, die illegitimen Nutznießer der Sozialsysteme, diewillensschwachen Versager, die Nichtstuer und Minderleister, die Müden, die Immobilen und die Trägen.

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