Geschichte

Wovon träumt ein Admiral?

(c) Wolfgang Greber
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Sir John Forster „Sandy“ Woodward führte jene Schlachtflotte der Royal Navy an, die 1982 die Falklandinseln nach der argentinischen Besetzung zurückeroberte. Ein Besuch bei dem heute 80-Jährigen.

„Zucker?“ fragt er mich. „Nein“, antworte ich, „ich bin kein Süßer, aber bitte etwas Milch.“

Also steht er da in seiner schmucken, weißgetünchten Küche, die etwas unaufgeräumt wirkt. Da sind Körbe mit Orangen und Ananas, Blechdosen, eine Flasche französischen Rotweins, Emaillekochtöpfe, Krüge mit Kochlöffeln und Bratenwendern drin, von hinten scheint Licht grell durch das ebenerdige Fenster zur Gasse auf der Nordseite und umfließt ihn, wie er mit zwei dampfenden Tassen näherkommt. Es ist, als steige er aus einem Lichtschein, und ich finde seine Frage irgendwie seltsam. Früher befahl er über U-Boote und Zerstörer, Fregatten und Flugzeugträger. Er war Admiral der Royal Navy, führte 1982 eine Flotte in eine der größten Militäraktionen Großbritanniens seit dem Zweiten Weltkrieg. Und jetzt ist er 80 und fragt, ob ich Zucker im Kaffee will.

Der Admiral setzt sich an den großen Esstisch mit dem ziegelroten Plastiktischtuch und nestelt mit altersfleckigen Händen eine Zigarette aus der Packung. Marlboro, die roten. Er raucht viel, schon seit dem frühen Vormittag, als ich bei ihm auftauchte, etwa drei pro Stunde. Angeblich ließ er das Rauchen Anfang der 1980er für acht Monate sein, aber dann, am 14. Juni 1982, gönnte er sich wieder eine. Er hatte soeben immerhin einen Krieg gewonnen. Und jetzt sitzt er da in dem mattrosa gefärbelten Hauptraum mit der niedrigen weißen Decke, über die sich massive mittelbraune Holzbalken ziehen, trägt dunkle Stoffhose, blauweißkariertes Kurzarmhemd Typus H&M, und schaut mich aus lebhaften, wässrigblauen Augen durch eine schmale Brille hindurch an.

Diese Augen haben den graublaugischtigen Spiegel vieler Meere gesehen, von den milden Wassern des Mittelmeers bis zum kalten, windigen Südatlantik. Und es war dort, Ende Mai 1982, als der Admiral, damals Konteradmiral, von der Brücke des Flugzeugträgers „Hermes“, seinem Flaggschiff, einem „Sea Harrier“-Jagdflugzeug zusah, wie es startete, im Tiefflug übers Meer zog und am Horizont in der Abenddämmerung jäh zu einem gelben Ball wurde, der nach wenigen Sekunden verlöschte. Ein Flügel hatte das Wasser berührt, der Jet knallte ins Meer und explodierte. Kurz zuvor hatten Bomben HMS „Antelope“ zerrissen, eine Fregatte des Admirals. Es war Krieg, und davon erzählt er mir.

Es war am Morgen des 2. April 1982, als der Befehl der Navy-Führung kam: Er, Rear Admiral John Forster „Sandy“ Woodward, damals 49, solle eine Task Force zu den Falklandinseln im Südatlantik führen, die argentinische Truppen gerade im Handstreich besetzt hatten. Der rund 12.500 Kilometer von Großbritannien entfernte, baumlose Archipel mit seinen damals vielleicht 1800 Einwohnern, die außer Schafe zu züchten wenig zu tun hatten, war seit 1833 britisch. Doch Argentinien erhob seit Anfang des 19. Jahrhunderts Ansprüche darauf, sagt bis heute, England habe die ursprünglich unbewohnten Inseln gestohlen. Ihre Geschichte ist kompliziert und stützt die Ansprüche beider Seiten, zudem waren die Inseln als „Malvinas“ lange Teil des Spanischen Reichs. Doch es gelang den „Vereinigten Provinzen des Río de la Plata“, dem Vorgängerstaat Argentiniens, der sich als Nachfolger der Spanier begriff, trotz Versuchen in den 1820ern nie, dort effektiv zu herrschen. Und so schnappte die britische Bulldogge dem Dogo Argentino den spröden Knochen weg und behielt ihn.

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