Kofler nach Oberstdorf-Sieg: "Möglich ist wirklich alles"

Andreas Kofler
Andreas Kofler(c) GEPA pictures (Gepa Pictures/ Thomas Bachun)
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Ein Jahr nach Wolfgang Loitzl könnte es wieder einen Überraschungs-Sieger bei der Vierschanzen-Tournee geben. Mit Andreas Kofler ist es erneut ein Österreicher, der die Prognosen über den Haufen werfen könnte.

Im Dezember 2008 gewann der damals 28-jährige Österreicher Wolfgang Loitzl sein erstes Weltcupspringen. Der Durchbruch kam genau zur rechten Zeit, denn im Schatten der großen Favoriten Simon Ammann und Gregor Schlierenzauer gewann Loitzl bei der Vierschanzentournee alle drei Springen und die damit den Gesamtsieg. Ein Jahr später könnte es wieder einen Sieger geben, den niemand auf der Rechnung hatte. Und mit Andreas Kofler ist es erneut ein Österreicher, der sämtliche Prognosen über den Haufen werfen könnte.

Der Olympia-Silbermedaillengewinner von der Großschanze und Mannschafts-Olympiasieger 2006 hat ist nach zwei mageren Jahren wieder obenauf. Cheftrainer Alex Pointner hatte Kofler schon vor der Tournee als einen von vier Sieg-Springern bezeichnet, damals hatte das vielleicht noch nicht jeder geglaubt. Doch Kofler hat sämtliche Zweifler eines Besseren belehrt.

Fast vier Jahre nach seinem ersten Weltcupsieg in Willingen schlug er wieder auf deutschem Boden zu und gewann den Tournee-Auftakt in Oberstdorf vor Janne Ahonen und seinen Landsleuten Thomas Morgenstern und Loitzl.

"Natürlich kann es passieren"

Nach einem Springen ist es freilich noch viel zu früh, doch ein Tourneesieg von Kofler ist ein großes Stück wahrscheinlicher geworden. "Natürlich kann es passieren, möglich ist wirklich alles", ist Kofler optimistisch. Der Tiroler hat immerhin auf Ahonen 11,9 Punkte, auf Morgenstern und Loitzl 14,9 bzw. 19,8 Zähler Vorsprung. Den Favoriten Ammann, am Dienstag in Oberstdorf Fünfter, und dem an einer Magenverstimmung leidenden Schlierenzauer (9.) fehlen schon 28,6 bzw. 36,4 Punkte auf Kofler. Das kann man auf drei Schanzen schon einholen, allerdings war Kofler in Oberstdorf alles andere als eine "Eintagesfliege". Nach nun sieben Weltcupbewerben ist er zwar "nur" Dritter, doch mit den Rängen 7-6-6-4-3-4-1 zeigte er auch ungeheure Konstanz - und das ist gerade bei einer Gesamtwertung von acht Sprüngen natürlich sehr gefragt.

Kofler will im "Flow-Zustand" bleiben

"Das Wichtigste ist, dass ich bei mir bleibe, dass ich bei meinem Gefühl und in meinem Flow-Zustand bleibe und mich nicht aus der Bahn bringen lasse", weiß der 25-jährige Tiroler. "Ich genieße es - habe heuer erstmals die Möglichkeit richtig frei zu springen und die Freiheit zu genießen."

Die nach Bischofshofen 2009 auch von Cheftrainer Pointner initiierte Rückkehr Koflers in den Stützpunkt Innsbruck zu seinem "alten" Vereinstrainer Markus Maurberger hat sich als goldrichtig herausgestellt. "Die Kombination zwischen ihm und dem Pointner Alex funktioniert hervorragend. Wir ziehen alle am gleichen Strang. Es ist ein bisserl das Geheimrezept für heuer", verrät Kofler. Außerhalb der Trainingskurse hat er nur mit Maurberger trainiert. "Es war eine lässige Mischung, da habe ich von allen Seiten sehr viel positive Sachen rausziehen können."

Im Zuge eines Reifungsprozesses hat er sich in Telfes auch eine eigene 85-Quadratmeter-Wohnung zugelegt. Eine ihn privat unterstützende Maßnahme auf dem Weg zu mehr Selbstverantwortung in allen Bereichen. Kofler musste mit seinem Training wieder ziemlich von vorne beginnen, ein in rund 1000 Sprüngen manifestierter Fehler fühlt sich eben nicht mehr falsch an, muss mühsam herausgearbeitet werden. "Wir haben sehr am Fundament gearbeitet. Es ist aber noch nicht das Ende der Fahnenstange. Das ist das Wichtigste: Zu wissen, dass man noch zulegen kann und noch was drinnen ist." Sagt der Sieger von Oberstdorf.

Auch der nächste Tournee-Schauplatz "taugt" Kofler. "Ich gehe heuer in einer anderen Position rein als damals. Ich freue mich brutal drauf, eine total schöne Schanze - und sie ist nicht weit weg von daheim. Es geht immer weiter zu mir heim nach Innsbruck", sagt er mit breitem Grinsen. Dort steht die Bergisel-Schanze, wo er am 3. Jänner gerne als weiterhin Tournee-Führender vom Bakken gehen würde.

Schlierenzauer noch nicht fit

Gregor Schlierenzauer reiste am Mittwoch vom Springerhotel in Partenkirchen nach Innsbruck, wo er sich von ÖSV-Arzt Dr. Andreas Lotz untersuchen und behandeln lassen wollte.

Mit einer Magen-Darm-Verstimmung hatte es in Oberstdorf angefangen. "Das ist jetzt eigentlich gut, momentan kämpfe ich mit dem Immunsystem, den Hals spür ich ein bisserl", sagte ein sichtlich angeschlagener Schlierenzauer. Der Start des 19-Jährigen beim Neujahrsspringen auf der Olympiaschanze im Ortsteil Partenkirchen stand allerdings nicht in Frage.

"Ich denke, das neue Jahr wird sicherlich gut beginnen. Ich werde jetzt nach Innsbruck fahren und dann werden wir sehen, wie es mir morgen beim Training geht. Die Schanze kenne ich sehr gut und ich freu mich, wenn ich wieder mit ein bisserl mehr Kraft am Start stehe", sagte Schlierenzauer, der sich einer Akupunktur-Behandlung unterziehen wollte und auch homöopathische Hilfe bekommen sollte.

Auch wenn er 36,4 Punkte Rückstand auf Leader Andreas Kofler hat, abgeschrieben hat er die Tournee noch nicht. "Abgehakt ist gar nichts. 35 Punkte ist natürlich eine Menge Holz, aber wie man gesehen hat, wenn das Wetter gut mitspielt." Druck mache sich der 26-fache Weltcupsieger freilich keinen, seine Gesundung ist ihm wichtiger. "Ich gebe den Tourneesieg nicht auf. Mir ist aber wichtig, richtig fit zu werden, und dass ich nichts verschleppe. Es steht Olympia vor der Tür, es gibt am Schluss noch die Skiflug-Weltmeisterschaften, drum ist es jetzt umso wichtiger, körperlich richtig fit zu werden."

Sollte alles nach Plan laufen, will Schlierenzauer auch ins Tournee-Quartier zurückkehren.

(APA)

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