Die schönste Inszenierung einer Doping-Beichte

Der nächste Interviewpartner der amerikanischen Talkshow-Ikone Oprah Winfrey ist der gefallene Rad-Held Lance Armstrong.

Es handelt sich um einen heißen Stuhl, der bei Oprah Winfrey steht. Alle waren sie schon bei der amerikanischen Talkshow-Ikone, die Obamas, Michael Jackson, Schauspielerstars. Auf der Internetseite ihres Senders OWN hat Winfrey, die gerne auch als die Beichtmutter der Amerikaner bezeichnet wird, ihren nächsten Interviewpartner angekündigt. Es handelt sich dabei um Lance Armstrong, den gefallen Radhelden. Die 90-minütige Sendung soll am 17.Jänner ausgestrahlt werden, das Interview selbst wird in Armstrongs Haus in Austin, Texas, sattfinden. Es ist das erste große Gespräch mit ihm seit seiner Dopingsperre. Laut Angaben des Senders will der ehemalige Dominator der Tour de France auch über die Vorwürfe des Betrugs, die seit vielen Jahren erhoben werden, sprechen. Es könnte also tatsächlich die große Doping-Beichte, wie vor Tagen in der „New York Times“ angekündigt, erfolgen.

Lance Armstrong ist auf Lebzeiten gesperrt, ein umfassendes Geständnis aber könnte zu einer Strafmilderung führen. Derzeit kann und darf der 41-jährige Texaner auch an seinen heiß geliebten Triathlon-Veranstaltungen nicht teilnehmen, packt er am 17. Jänner aus, dann wäre er vielleicht bald wieder „frei“. Wenn er seine Verbindungen zum Weltverband UCI preisgibt, dann steht der Radsport möglicherweise vor einem mittleren Erdbeben. Aber bisher hat Armstrong hartnäckig geschwiegen. Auch, weil ein Geständnis schwerwiegende Folgen hätte. Er hatte in mehreren Prozessen unter Eid ausgesagt, nie gedopt zu haben. Kontrahenten und ehemalige Sponsoren klagen, fordern ihr Geld zurück, wir sprechen von nicht unwesentlichen Millionenbeträgen.

„Vielleicht kommt er zu dem Schluss, es sei besser, ein Teil der Lösung zu werden, als ein Teil des Problems zu bleiben“, sagt Richard Young im „Spiegel“. Der US-Spitzenanwalt und Jurist der US-Anti-Doping-Agentur (Usada) gehörte neben Usada-Chef Travis Tygart zum engen Kreis der Ermittler, die Lance Armstrong im Juni 2012 des systematischen Dopings bezichtigten. Die Fahnder hatten ihm aufgrund von Zeugenaussagen, Mails, Geldzahlungen und Laboranalysen die Verfehlungen nachgewiesen. Die sieben Tourtitel war er damit los.

Über frühere Praktiken wurde nun ein weiteres Detail bekannt. 2004 soll Lance Armstrong versucht haben, Usada-Boss Travis Tygart eine Spende in der Höhe von 250.000 Dollar anzubieten. Die Behörde lehnte dankend ab. Das geht aus einem Bericht der TV-Sendung „60 Minutes Sport“ des US-Senders CBS hervor.

Armstrongs Anwalt Tim Herman bestreitet das Spendenangebot natürlich. „Die Geschichte ist nicht wahr, Lance hat heute zum ersten Mal davon gehört. Er hat niemals solch einen Vorschlag gemacht.“ Fest steht, dass Armstrong 2002 dem UCI-Präsidenten 100.000 Dollar hat zukommen lassen. Eine freiwillige Spende wohlgemerkt. Nur Schelme könnten in diesem Fall an Schweigegeld denken.

E-Mail: wolfgang.wiederstein@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.01.2013)

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