Anständige Forderungen oder unanständige Prämien?

Während São Paulo dieser Tage im Chaos versinkt, feilschen so manche Superstars noch um fette WM-Zuckerln.

Über Pfingsten zogen über der 20-Millionen-Einwohnen-Metropole São Paulo dunkle Wolken auf. Sehr dunkle, denn die Stadt versank zum Teil im Chaos. Ausgerechnet dort, wo am Donnerstag das Eröffnungsspiel dieser Fußball-WM stattfinden wird. Die U-Bahn-Bediensteten sind in den Streik getreten, die Staus erreichten eine Länge von 300 Kilometern. Die Kurzzusammenfassung lautet: Verkehrsinfarkt. Ein Arbeitsgericht erklärte den Streik für illegal, der Gewerkschaft wurde mit Geldstrafen gedroht. Es sollen Blendgranaten geflogen sein, Tränengas wurde eingesetzt. Bilder, die man nicht einmal von wütenden Hooligans kennt. Es geht in diesem Fall um höhere Löhne, die Forderungen von Gewerkschaft und das Entgegenkommen der Behörden ergeben noch lange keinen gemeinsamen Nenner.

Zum gleichen Zeitpunkt wird bei verschiedenen WM-Teilnehmern um die Prämien gestritten. Die Spieler von Kamerun, die sich mit dem eigenen Verband angelegt haben, sind überhaupt erst verspätet ins Flugzeug Richtung Brasilien eingestiegen. Dabei geht es schon am Freitag gegen Mexiko. Eine optimale Vorbereitung sieht anders aus. Und Teamchef Volker Finke waren die Hände gebunden. Auch Nigeria hat übrigens den Prämienstreit eröffnet.

In Spanien wiederum ist eine hitzige Debatte darüber entbrannt, dass jeder Profi – für den Fall der erfolgreichen Titelverteidigung – 720.000 Euro bekommen soll. Ein deutscher Spieler würde im Vergleich dazu für den WM-Sieg 300.000 Euro erhalten. Da stellen sich auch spanische Politiker die Frage: „Sind wir denn doppelt so reich wie Deutschland?“ Aber auch den brasilianischen Superstars winkt ein Haufen Geld, der WM-Pokal würde pro Kopf und Nase mit 700.000 Euro vergütet werden. Erklär das einmal dem U-Bahn-Personal in São Paulo.

E-Mails an:wolfgang.wiederstein@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.06.2014)

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