Joseph Blatter geht kommentarlos in Deckung

Der Fußballweltverband ist wieder einmal in eine tiefe Glaubwürdigkeitskrise geschlittert.

Der geradezu lächerliche Untersuchungsbericht der Fifa-Ehikkommission zur Vergabe der Weltmeisterschaften 2018 (Russland) und Katar (2022) erhitzt immer noch die Gemüter. Die Kritik am Fußballweltverband wird immer lauter, die Fifa ist wieder einmal in eine tiefe Glaubwürdigkeitskrise geschlittert. Nur einer schweigt auffallend eisern – Präsident Joseph Blatter. Er ist derjenige, der in diesem Bericht von jedem Verdacht freigesprochen wird. Blatter, der Saubermann – das erzürnt so einige in der Fußballwelt. Und sie alle fordern die Veröffentlichung des gesamten Untersuchungsberichts. Chefermittler Michael Garcia hat Einspruch bei der Fifa-Berufungskommission gegen das WM-Urteil des deutschen Richters Hans-Joachim Eckert angekündigt. Die beiden werden sich nun am Donnerstag zu einem Gespräch treffen.

Schwere Geschütze hat indes der frühere englische Verbandschef David Bernstein in Stellung gebracht. Er ruft die europäischen Fußballverbände zum gemeinsamen Kampf gegen die Fifa auf, er zieht sogar einen Boykott der Weltmeisterschaft in Erwägung. „Es sind 54 Länder in der Uefa. Es gibt Deutschland, Spanien, Italien, Frankreich und die Niederlande – alle mächtig – und man kann ohne sie keine ernsthafte WM abhalten“, sagt Bernstein „Sie haben die Macht, das zu beeinflussen, wenn sie den Willen dazu haben.“

Die Fifa bezeichnete Bernstein wörtlich als „totalitär“ und „lächerlich“. Sie erinnere ihn als das ehemalige Sowjet-Regime. Die Glaubwürdigkeit des Fußballs habe unter der jetzigen Verbandsführung jedenfalls erheblich gelitten. Die Wahl Katars zum WM-Gastgeber 2022 bezeichnete Bernstein als „die lächerlichste Entscheidung in der Sportgeschichte“. Blatter werde so lange an der Spitze stehen, „bis jemand etwas dagegen“ tue. „England allein kann das nicht beeinflussen, ein Land allein kann das nicht. Aber innerhalb der Uefa hat England zweifellos die Macht, etwas zu bewirken. Und dafür muss man auch einen Rückzug von der nächsten WM in Betracht ziehen, sollte die Fifa keine richtige Reform durchführen.“ Dies schließe auch ein, dass es für Blatter keine fünfte Amtszeit als Fifa-Präsident gebe.

Die Engländer toben, sie waren immer schon gegen Katar, noch dazu, weil es immer noch keinen Spieltermin gibt. Und England seit 1966 keine WM mehr zugesprochen bekommen hat.

Der deutsche Ligapräsident, Reinhard Rauball, brachte eine ganz andere Idee ein. „Eine Option, über die ernsthaft nachgedacht werden müsste, ist sicherlich, dass die Uefa sich von der Fifa löst.“ Eine Abspaltung?

Die Uefa hat in der Causa Katar auch so manches angerichtet. Und Michel Platini war es, der als Uefa-Präsident für das Emirat am Persischen Golf gestimmt hat. Dazu kommt die Tatsache, dass sein Sohn später einen netten Job bei einer Katar-Gesellschaft erhalten hat. Großen Reformwillen zeigt auch die Europäische Fußball-Union nicht. Und in puncto Transparenz hält man sich mit der Fifa die Waage – es gibt einfach keine.

E-Mail:wolfgang.wiederstein@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.11.2014)

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