Jürgen Klopp, der Kreis und der Teufel

Dortmund bestreitet heute das letzte Heimspiel des Jahres. Fußballwunder werden auch 2015 nicht passieren.

In Dortmund hat man sich das alles ganz anders vorgestellt. Aus dem einstigen Parade-Strahlemann ist ein verzweifeltes Bündel von einem Trainer geworden, aus dem Champions-League-Finalisten und ersten Herausforderer von Bayern München eine mehr als verunsicherte Elf, die sich bedenklich oft als keine Mannschaft präsentiert. 15 Bundesligaspiele hat die Borussia bisher absolviert, davon neun Niederlagen einstecken müssen. Manchmal bekommen die Dortmunder nach dem Abpfiff vom Gegner dann schon fast mitleidige Kommentare zu hören. Wie am vergangenen Wochenende.

Heute bestreitet Dortmund das letzte Heimspiel des Jahres, es wartet ausgerechnet die starke Truppe aus Wolfsburg. Einen Sieg kündigt Jürgen Klopp in der derzeitigen Situation nicht an. Er verspricht lediglich, dass sich sein Team „maximal einsetzen“ werde. Die Fußballwoche, die am Samstag mit der Auswärtspartie in Bremen gegen Werder endet, müsse ein „Geschenk an diesen großartigen Verein“ werden. Viel mehr ist Klopp, der einst der Lautsprecher der Liga war, nicht zu entlocken. Dafür ist die sportliche Situation zu ernst.

Dortmunds Sportdirektor Michael Zorc hat dieser Tage verlangt: „Jetzt geht es um Effektivität, Durchschlagskraft, Chancenverwertung und Stabilität.“ Er warnt vor allem davor, sich darauf zu verlassen, dass im neuen Jahr wieder alles gut bzw. besser wird. „Natürlich können wir uns mental über Weihnachten ein bisschen erholen und in einer längeren Vorbereitung viel arbeiten. Aber Wunder geschehen auch dann nicht!“

Die Fußballwelt in Dortmund gibt Rätsel auf, heil ist sie schon lang nicht mehr. Was in der Champions League (nächster Gegner ist Juventus Turin) ganz gut klappt, funktioniert gegen Paderborn, Köln, HSV oder Hertha nicht. Die Borussia ist in einem Teufelskreis gelandet. Und findet keinen Ausweg. Die Arbeit des Trainers, von vielen als Tausendsassa und nahezu Außerirdischer gefeiert, in dieser Saison allerdings wieder recht menschlich geworden, wird immer wieder von einer unglaublichen Verletzungsmisere erschwert. Zuletzt hat es Henrikh Mkhitaryan erwischt. Und in den vergangenen Monaten ist fast jeder wichtige Spieler schon einmal ausgefallen.

Für die Dortmunder wirkt das Abstiegsgespenst wie ein Kulturschock. Die Mannschaft kann und will sich an die neue Situation nicht gewöhnen. Jürgen Klopp behauptet, er „weiß, wie Abstiegskampf geht“. Und verweist in diesem Zusammenhang auf seine Zeit in Mainz. Bei der Borussia aber ist er den Beweis bis jetzt schuldig geblieben. Aktionen, wie jetzt auch noch den Tormann zu wechseln, sind fast schon pure Verzweiflungstaten.

E-Mail: wolfgang.wiederstein@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.12.2014)

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