Tradition ist alles, nur kein Investment

Austrias Investment ist überfällig und trotz der Höhe preiswert – diese Rechnung bestätigt das Beispiel HSV.

Neues Stadion für 48 Millionen Euro, mit Felix Magath einen möglichen Startrainer, der mit kolportierten 800.000 Euro netto pro Saison fürstlich entlohnt wird – Austria nimmt viel Geld in die Hand. Dazu muss das Gros des Kaders getauscht werden, selbst Magath formt mit schärfstem Drill aus Amateuren keine Profis. Zumindest hatten viele Spieler einen anfängerhaften Eindruck hinterlassen, ihr Auftritt im Derby war wirklich erschreckend.

Wann, wenn nicht jetzt, sollte der Klub sonst investieren? Krisen sind auch in der Wirtschaft der optimale Zeitpunkt. Wirklich schlimm wird es für Klubs aber erst dann, wenn sie sich aus der höchsten Spielklasse verabschieden. Da sind sich Österreich und der Rest der Fußballwelt einig, in der zweiten Liga fließt viel weniger Geld. Vereine, die sich außer ihrer Tradition nichts anderes auf das Trikot heften, haben in der Gegenwart verloren.

Ein Beispiel, wie man Geld, Glamour und Ansehen verspielt, liefert der HSV. Magaths Exklub – er gewann unter Ernst Happel einst den Europacup der Landesmeister – steht erneut auf der Kippe.

Die Hanseaten müssen am Samstag, am allerletzten Spieltag, gegen Schalke gewinnen und sind zusätzlich auf Schützenhilfe angewiesen – ein Armutszeugnis. Der erste Abstieg der Klubgeschichte scheint besiegelt, natürlich macht sich Klub-Idol Uwe Seeler wieder große Sorgen.

Die Sorgen sind auch finanzieller Natur, alle Investitionen in Spieler, Stars, Trainer und Infrastruktur wären verpufft. Das HSV-Budget würde von 120 auf 75 Millionen Euro, der Spieler-Etat von 50 auf 28 Millionen gekürzt. Als Zweitligist bekäme der Verein nur noch dreizehn statt 26 Millionen Euro aus dem TV-Geld-Topf. Zugleich brechen 40 Prozent der Einnahmen aus Sponsoring (25 Millionen Euro) weg, Zweitliga-Trikots verkaufen sich auch nicht so gut. Für österreichische Bundesligaklubs wären das trotzdem geradezu märchenhafte Einnahmen...

Vereine sind zur Investition gezwungen, sie brauchen Stars und Typen, Spieler oder Trainer, deren Image vermarktet werden kann. Mit Verlierern, ist der Name auch noch so prominent, will doch niemand etwas zu tun haben. In Hamburg hat man allerdings zu lang in Nostalgie, Wohlstand und Ignoranz gebadet – und gehofft.

Austria gibt gerade noch rechtzeitig Geld aus, doch mehr Zuschauer und Sponsoren kommen nur bei Siegen, bei Euphorie. Hohe Investitionen sind im Fußball letztlich preiswerter als ein Neuanfang. Sie sind ein Signal – selbst am Verteilerkreis.

E-Mails an: markku.datler@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.05.2015)

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