Vorweihnachtliche Gefühle

Österreich freut sich über die Gegner bei der Euro 2016. Portugal, Ungarn und Island - eine schöne Bescherung.

Österreichs Delegation, die bei der Gruppenauslosung in Frankreich dabei war, durfte zufrieden die Heimreise antreten. Für Rotweißrot war der Abend zu einer Art Bescherung geworden, sie hat Gegner wie Portugal, Island und Ungarn gebracht. Das sind Mannschaften, die man nicht zu fürchten braucht. Sie sind alle drei zu schlagen.

Teamchef Marcel Koller pflegt die Besonnenheit. Auch seine Spieler lehnen sich nicht zu weit aus dem Fenster, dabei hätte sich jeder wie zu Weihnachten fühlen können.

Portugal lebt zum Großteil von Superstar Cristiano Ronaldo. Mit dem Toreschießen aber tun sich die Portugiesen mit seiner Ausnahme relativ schwer. Portugal ist mit Spanien oder Deutschland keineswegs zu vergleichen. Island ist kampfstark und überraschte mit der direkten Qualifikation. Ungarn ist ein alter Bekannter, gegen niemand anderen hat Österreich mehr Länderspiele bestritten. Über allzu große Turniererfahrung verfügen die Magyaren jedoch nicht, den Weg zur Euro ebneten sie sich im Play-off. Große Stars sind nicht zu sehen, am bekanntesten ist Torhüter Gábor Király, der viele Jahre (in langen Hosen) in Deutschland gespielt hat. Es hätte für die Nationalmannschaft viel schlimmer kommen können, echte Fußballgiganten bleiben ihr erspart.

Österreich spielt einmal in Bordeaux, die beiden anderen Partien bestreitet das ÖFB-Team in Paris. Es sind interessante Destinationen, auch für die Fans. Lautstarke Unterstützung ist gewiss – etwa gegen Island im Stade de France. 20 Prozent der Tickets wandern nach Österreich, also knapp 16.000. Auch das ist ein Geschenk.

Bei der Auslosung der WM 1998 in Frankreich hat Österreich nicht so großes Glück gehabt, Kamerun und Chile waren mehr als nur unangenehme Gegner. Beide Duelle endeten jeweils 1:1, gegen Italien verlor man mit 1:2. Die Situation ist mit der heutigen aber nicht zu vergleichen. Auch, weil Marcel Koller kein Herbert Prohaska ist und weil die Euro-Gegner nicht übermächtig sind – allen voran aber deshalb, weil diese Generation größeres Potenzial besitzt, das Team mit vielen Legionären geschmückt ist.

Der erste Gruppengegner ist Ungarn, gelingt am 14. Juni ein Sieg, besteht die Hoffnung, dass dem Team Flügel wachsen. Der zweite Gegner sind die Portugiesen, dann wird es so richtig ernst, die Entscheidung wird aber gegen Island (22. Juni) fallen.

Das Achtelfinale erscheint nicht illusorisch, Koller wird jede Partie garantiert auf Sieg spielen lassen. Österreich darf also träumen – und allein das ist schon der erste große Gewinn. Allerdings, Ausreden wird es jetzt auch keine geben dürfen. Ab sofort steht das Team in der Verantwortung. In Frankreich muss es definitiv zeigen, wie reif es ist.

E-Mails:wolfgang.wiederstein@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.12.2015)

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