"Derbi madrileño"

Spanien dominiert den Europacup, nach Sevillas Hattrick folgt im Endspiel der Champions League das "Derbi madrileño". Zinédine Zidane könnte ein neues Kapitel schreiben in der hohen Kunst, ein Finale zu gewinnen.

Spanien bleibt im europäischen Klubfußball die Übermacht. Daran gibt es keinen Zweifel, die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache. FC Sevilla gewann zum dritten Mal in Serie die Europa League. Seit 2014 gewannen Real Madrid und Barcelona die Champions League, auch am Samstag wird in der nunmehr vierten Final-Auflage des Madrider Derbys („Derbi madrileño“) ein spanischer Klub gewinnen.

Seit 2006 gewannen spanische Teams 60 Prozent aller Europacuptitel. Von den vergangenen 50 K.-o.-Duellen gegen ausländische Teams gingen nur vier verloren. 23,537 Punkte sammelten Spanier in dieser Uefa-Saison. In der Fünfjahreswertung, relevant für Europacupplätze, liegen die Spanier (105,142) kilometerweit vor der deutschen Bundesliga (80,177) und der Premier League (76,284). Das schafften Messi oder Ronaldo sicher nicht im Alleingang.

Der Blick auf das nahende Finale zwischen Real und Atlético verspricht Offensive, ein Lokalderby in höchster Güte, mit vielen Fouls und Toren. Es wird auch für einen der beiden Trainer die Krönung: Diego Simeone hat diese Liga noch nie, nicht einmal als Spieler, gewonnen. Zinédine Zidane jubelte mit Real schon 2002, aber stieg erst vor Kurzem aus der Jugendabteilung der Königlichen zum Cheftrainer empor – auch in Ermangelung passender Alternativen.

Es wäre ein Märchen, würde der Franzose auf Anhieb die Königsklasse gewinnen und damit Größen wie Miguel Muñoz, Giovanni Trapattoni, Johan Cruyff, Carlo Ancelotti, Frank Rijkaard und Pep Guardiola folgen, die als Spieler und auch als Trainer triumphierten. Marcello Lippi war der erste Trainer, der in seiner Trainerlaufbahn Weltmeister (2006) und Champions-League-Sieger (1996) wurde, 2016 könnte es Zidane, der Weltmeister von 1998, schaffen.

Real Madrid ist womöglich auch das beste Beispiel für spanische Dominanz. Für die Königlichen, die zum 14. Mal im Endspiel stehen, spricht die Statistik, sie greifen nach dem elften Sieg. Es verlangt hohe psychologische Kunst für ein Finale: Hat man es einmal gewonnen, fällt die Wiederholung offenbar leichter, da die Anspannung und Angst vor der Niederlage verschwunden sind. Während andere, die fortlaufend an Nerven, Emotion und Situation scheitern, Gefahr laufen, niemals ein Endspiel zu gewinnen oder überhaupt die Qualifikation (wie Salzburg) zu schaffen. Zittern, nachlaufen, schwitzen, Ton und Ball nicht richtig treffen und vor Anpfiff an die Niederlage glauben – das war gewiss nie ein spanisches, sondern in puncto Europacup stets ein ausschließlich österreichisches Phänomen.

markku.datler@diepresse.com

(Print-Ausgabe, 22.05.2016)

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