Michael Gspurning: „Wäre bereit für das Nationalteam“

Michael Gspurning
Michael Gspurning(c) GEPA pictures (GEPA pictures/ US Presswire)
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Der Torhüter der Seattle Sounders begeistert Fans wie Experten. Mit der „Presse“ spricht er über Beckham, Schwarzenegger und eine ÖFB-Rückkehr.

Die Presse: Man liest in Europa sehr wenig über den US-Klubfußball. Beschreiben Sie ihn uns doch bitte.

Michael Gspurning: Das Spiel ist schnell und körperbetont. Verglichen mit meiner vorherigen Station in Griechenland, wo die Taktik präsenter war, steht in den USA die Action im Vordergrund. Die Menschen lieben eben das Spektakel.

Und die Qualität des Spiels?

Die ist wirklich gut. Stilistisch lässt sich der US-Fußball wohl am ehesten mit England vergleichen.

In Seattle herrscht eine echte Fußballeuphorie. Der Klub hat diese Saison 38.000 Dauerkarten verkauft.

Und im Derby gegen Portland waren sogar 67.000 Zuseher hier. Wir teilen unser Stadion, das CenturyLink Field, mit der Football-Mannschaft der Seattle Seahawks. In der National Football League (NFL) ist das Stadion nicht umsonst als das lauteste der Liga bekannt. Da geht dermaßen die Post ab, dass sogar der Kunstrasen vibriert.

Aber woher kommt diese Begeisterung für eine Fußballmannschaft?

Fußball befindet sich generell im Aufschwung. In der Major League Soccer (MLS) findet kaum ein Spiel vor weniger als 15.000 Leuten statt, immer mehr Kinder gehen statt zum Football- zum Fußballtraining. Seattle ist abseits des Fußballs nicht gerade eine erfolgsverwöhnte Sportstadt. Der Fußball gibt den Leuten etwas zurück.

Wie ist Ihr Standing bei den Fans?

Mein Einstand war alles andere als einfach. Ich bin als Nachfolger von Torhüterlegende Kasey Keller (Anm.: 102 Länderspiele für die USA) geholt worden, er wurde in seiner letzten MLS-Saison noch als Torhüter des Jahres ausgezeichnet. Ich habe den Fans bei meinem Antritt erklärt, dass ich nicht Kasey, sondern der Typ aus Europa bin, der der Mannschaft nach bestem Gewissen weiterhelfen wird. Mittlerweile lieben mich die Fans.

Können sie denn auch schon Ihren Nachnamen fehlerfrei aussprechen?

Mittlerweile klingt es richtig gut(lacht). Ich habe ein Video online gestellt, in dem ich erkläre, wie man Gspurning richtig ausspricht. Aber zum Glück gab es vor mir schon Arnold Schwarzenegger.

Ist es für Sie noch etwas Besonderes, gegen Superstars wie David Beckham zu spielen?

Die ersten beiden Duelle waren schon wirklich einzigartig. Mittlerweile gab es schon vier Begegnungen. Irgendwann wird's normal.

Und was hält man als Torhüter von Beckhams Freistößen?

Die sind brandgefährlich, wobei bislang jeder Versuch über mein Tor gegangen ist – aber ich wäre bereit gewesen (lacht). Beckham hat mit 37 Jahren noch immer unglaubliche Freude am Fußball, das hat er erst kürzlich wieder bewiesen. Für ein Tackling hat er einen 60-Meter-Sprint in die eigene Hälfte zurückgelegt. Aber noch besser als Beckham ist derzeit Robbie Keane drauf. Der ist so richtig „on fire“, absolut heiß.

Endlich hört man Ihren amerikanischen Einfluss.

Wenn ich noch ein paar Jahre hierbleibe, dann bin ich wie der Happel. Der hat in einem Satz auch mehrere Sprachen verwendet.

Das nächste Wiedersehen mit Beckham und Keane gibt es am Sonntag. Im Rückspiel des Western-Conference-Finalspiels muss Seattle gegen Los Angeles Galaxy ein 0:3 wettmachen.

Wir haben L.A. während der Saison zu Hause 4:0 geschlagen. Besser wäre es jetzt wohl, wenn dieses Spiel nie stattgefunden hätte. Galaxy ist gewarnt, sie werden nicht nachlässig agieren.

Teamchef Marcel Koller hat Sie nie namentlich genannt. Wann gab es letztmals Kontakt zum ÖFB?

Anfang des Jahres habe ich ein Telefonat mit Tormanntrainer Otto Konrad geführt. Das war der erste und einzige Austausch mit dem Verband.

Worüber haben Sie sich unterhalten?

Über Generelles. Konrad hat mich gefragt, ob es auszuschließen ist, dass ich zum Nationalteam komme. Es ist natürlich nicht unkompliziert – Stichwort Jetlag – aber auf alle Fälle möglich. Aber solange keine Nachfrage besteht, ist das ohnehin kein Thema.

Warum haben Sie im August 2009 unter Dietmar Constantini um eine Team-Auszeit gebeten?

Ich hatte mich damals erst von einer Verletzung erholt, außerdem gab es bei meinem Verein, Xanthi, Turbulenzen. Ich hätte dem Nationalteam zu diesem Zeitpunkt nicht wirklich etwas geben können, wollte mich auf den Verein konzentrieren. Mit meinem Wechsel in die USA war mir klar, dass es schwer wird, es nochmals zurück ins ÖFB-Team zu schaffen.

Haben Sie die Hoffnung aufgegeben?

Marcel Koller leistet – sofern ich das aus der Entfernung beurteilen kann – sehr gute Arbeit. Er wird Gründe dafür haben, wieso er was tut. Ich wäre jedenfalls bereit für das Team, wenngleich ich jede Entscheidung akzeptiere.

Auf einen Blick

Michael Gspurning wechselte im Dezember 2011 von Xanthi zu den Seattle Sounders in die USA. Mit dem MLS-Klub steht der Steirer im Finale der Western Conference. Gegen L.A. Galaxy (Beckham) muss morgen ein 0:3 aufgeholt werden.

Der 31-Jährige
absolvierte drei Spiele für die Nationalmannschaft, das bislang letzte im Juni 2009.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.11.2012)

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