Fußball: Europol deckt 380 manipulierte Spiele in Europa auf

(c) ASSOCIATED PRESS (MICHAEL SOHN)
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Ein asiatisches Wettkartell soll Spiele in europäischen Topligen, der Champions League, der EM-Qualifikation gekauft haben. Unter den 425 Verdächtigen finden sich neben Kriminellen auch Spieler, Schiedsrichter und Offizielle.

Den Haag/SWI. Für ein regelrechtes Erdbeben im europäischen Fußball sorgte die europäische Polizeibehörde Europol mit ihrer Pressekonferenz am Montag. Laut Europol-Chef Rob Wainwright brachten Ermittlungen insgesamt 380 manipulierte Spiele in 15 europäischen Ländern zwischen 2008 und 2011 zutage. Im „größten Wettskandal in der Geschichte“ ist der abgehandelte Skandal um den Wettpaten Ante Sapina – 51 manipulierte Spiele, darunter auch österreichische – bereits enthalten. In weiteren 300 Fällen in Asien, Afrika und Südamerika laufen die Untersuchungen noch. „Das ist Manipulation auf einem noch nie da gewesenen Niveau“, sagte Wainwright.

Bis zum Abschluss der Ermittlungen werden weder Spiele noch Namen bekannt gegeben, es soll sich aber um hochkarätige Spiele handeln – die Liste der betroffenen Wettbewerbe lässt die Ausmaße des Skandals erahnen: Mehrere Spitzenspiele in europäischen Topligen sollen ebenso abgesprochen worden sein wie EM-Qualifikationsspiele und zwei Unentschieden in der Champions League. In Afrika und Zentralamerika stehen sogar zwei WM-Qualifikationspartien unter Manipulationsverdacht.

Als Drahtzieher wurde ein Verbrechersyndikat mit Sitz in Singapur ausgemacht, das dank organisierter Netzwerke nach Europa den Wettbetrug koordinierte und überwachte. Vor allem nach Italien gebe es enge Kontakte der Wettmafia, aber auch in die Türkei oder in die Schweiz.

„Organisierte Kriminalität“

Die Erkenntnis, dass die Wettmanipulationen aus unterschiedlichen Ländern von einem zentralen Kartell aus Asien gesteuert werden, ist – neben dem Ausmaß – die wichtigste Neuigkeit, die Europol nach der 18 Monate dauernden und damit größten Untersuchung der Geschichte in Bezug auf Spielmanipulation präsentierte. „Wir konnten zum ersten Mal beweisen, dass die organisierte Kriminalität in der Fußballwelt operiert.“ Die Resultate würden laut Europol ein großes Problem für den gesamten Fußball in Europa offenbaren. „Es ist trauriger Tag für den europäischen Fußball, denn das ist erst die Spitze des Eisberges.“

Im Zuge der Ermittlungen seien insgesamt 425 Personen identifiziert worden, die im Verdacht stehen, in die Manipulationen involviert zu sein. Dabei handle es sich um ehemalige und aktive Spieler, Schiedsrichter, Offizielle sowie Kriminelle. 50 Personen wurden demnach bereits festgenommen. Auch Österreich hat zu den Ermittlungen beigetragen. Die Staatsanwaltschaft Graz, die für Österreich die Ermittlungen in Sachen Wettbetrug leitet, hat Betrugsverfahren gegen 20 Personen im Zusammenhang mit manipulierten Fußballspielen und den Wetten darauf bzw. wegen des Verdachts der Geldwäsche laufen.

Höchste Zahlung in Österreich

Auch erste Zahlen kamen an die Öffentlichkeit. Demnach wurden 16 Millionen Euro auf manipulierte Spiele gesetzt und damit ein Profit von acht Millionen Euro erzielt. Die an den Spielabsprachen beteiligten Personen sollen zwei Millionen Euro erhalten, die höchste Auszahlung an eine Einzelperson laut BBC mit 140.000 Euro in Österreich stattgefunden haben.

Der brisante Bericht geht nun an die Uefa, die dann die „nötigen Maßnahmen“ treffen will.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.02.2013)

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