Auf der Reise zur Anerkennung

Reise Anerkennung
Reise Anerkennung(c) APA (Robert Jaeger)
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Der 35-jährige Salzburger Alexander Manninger hat in seiner Karriere viel gesehen und erlebt. Eine lange Wanderschaft, die ihn zum FC Augsburg gebracht hat.

Die Geschichte von Alexander Manninger ist keine ganz große, aber sie ist eine sehr außergewöhnliche. So außergewöhnlich, dass ihm auch die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ einen größeren Artikel widmete. Sie bezeichnet den Salzburger als Nomaden des europäischen Fußballs. Denn der Tormann stand in seinen bisher 18Profijahren bei 14 verschiedenen Vereinen unter Vertrag. Selten ist er wirklich einmal länger geblieben, für einen Klub (Espanyol) hat er überhaupt nicht gespielt. Jetzt ist er in der deutschen Bundesliga gelandet, beim FC Augsburg. Der Verein steht nicht schlecht da für einen Aufsteiger, am heutigen Sonntag geht es gegen Eintracht Frankfurt. Zuletzt hat man gegen Borussia Dortmund einen harten Kampf geführt, letztlich aber mit 2:4 verloren. Aber Schwarz-Gelb steht in der Champions League im Semifinale. Und Augsburg ist nur ein Aufsteiger.

Alexander Manninger hat für Augsburg bisher sechs Bundesliga-Partien bestritten, dabei ist die Nummer 21 eigentlich nur als Ersatzkeeper geholt worden. In Schuss gebracht hat ihn Friedl Koncilia, der nach dem Engagement bei der Wiener Austria als Sportdirektor aus der österreichischen Liga verschwunden ist, zuletzt sein Glück beim SV Bad Ischl als Trainer versucht hat. Koncilia, in den 1980er-Jahren Österreichs bester Schlussmann und die klare Nummer eins im Nationalteam, ist längst ein passionierter Golfspieler. Er schlägt auf dem Platz von Franz Leimer im Salzkammergut ab, in der Kaiserstadt fühlt sich der bullige Fußballpensionist wohl. Wenn er einen Ball spielt, dann kann es schon vorkommen, dass er dabei nicht einmal aus dem Golfwagerl aussteigt.

Auf dem Golfplatz hat Friedl Koncilia Bekanntschaft mit einem seiner Nachfolger beim ÖFB gemacht. Dort ist die Welt klein, da kennt fast jeder jeden. Friedl Koncilia nahm sich des Problems Manninger, der nach seiner Zeit bei Juventus Turin keinen Verein hatte, an. „Und dann haben wir ein bisserl Training gemacht“, sagt Koncilia. Aber der Einsatz bei einem unterklassigen Verein kam nicht infrage. Auch wenn Friedl Koncilia ein Anhänger von Matchpraxis ist. Alexander Manninger bekam dann doch noch ein Angebot. Wobei es dem leicht in die Jahre gekommenen Blondschopf nicht (mehr) ums Geld ging. „Er wollte beweisen, dass er sehr wohl noch spielen kann.“

Wer den Salzburger Dauerbrenner abschreibt, der macht einen Fehler. Schließlich ist der mittlerweile bald 36-Jährige (Geburtstag im Juni) noch relativ unverbraucht. Gern hätte er öfters seine Knochen hingehalten, aber es hat nicht bei allen Vereinen funktioniert. Unterm Strich hat er eine lange und abwechslungsreiche Reise hinter sich. Das ist bei Nomaden üblich. „Es ist nicht immer nach Wunsch gelaufen“, sagt er. „Es wäre schon meine Idee gewesen, öfters länger an einem Ort zu bleiben.“

Der Torhüter, der bei der Heim-EM 2008 die Nummer zwei, später allerdings bei Karel Brückner erste Wahl war, ist ein gelernter Tischler. Neben der Lehre besuchte er das Nachwuchszentrum von Austria Salzburg. Und irgendwann einmal hat ihn Otto Barić in die Kampfmannschaft geholt. Um mehr Matchpraxis zu sammeln, schickte ihn der Verein jedoch zu Vorwärts Steyr. Der Beginn der langen Reise, die folgen sollte, zeichnete sich erstmals ab. Denn von Steyr ging es zurück nach Salzburg, von Salzburg weiter zum GAK. Graz sollte zum Sprungbrett für den talentierten Keeper werden. In den Blickpunkt konnte sich Manninger im Europacup gegen Inter Mailand spielen.

Arsenal London suchte damals einen Tormann. Keine Nummer eins, die war für den legendären David Seaman reserviert. Einen Mann für die zweite Reihe. Manninger griff zu, er begann seine Chancen im Cup zu nützen. Und durfte auch hin und wieder in der Premier League sein Können zeigen. Er kaufte sich einen Rover, begann London zu lieben – und freundete sich mit Seaman an. Man verbrachte viel Zeit miteinander, Manninger betrachtete den englischen Nationalkeeper, mit dem er gern fischen ging, als Vorbild. In den vier Jahren bei Arsenal gewann er den Pokal und die Meisterschaft.

Der Salzburger fühlte sich gut genug, um irgendwo die Nummer eins zu spielen. Also verließ er die Insel, läutete seine italienische Epoche ein. Die erste Station hieß Fiorentina, ein erfolgreicher Verein, der den Uefa-Cup gewonnen hatte. Aber ein Klub, der sich auch übernommen hatte. Das konnte Alexander Manninger nicht ahnen. Der Verein ging in Konkurs, er wurde zwangsrelegiert.

Die Reise durch Europa ging weiter. Beim AC Torino wurde Manninger nicht glücklich, er spielte wenig, das Unternehmen hatte keinen Sinn. Nächster Zwischenstopp: FC Bologna. Von dort aus übersiedelte der österreichische Teamtormann zum AC Siena. Als man ein Jahr später in Salzburg stolz den Einstieg von Red Bull in den Fußball verkündete, folgte Alexander Manninger dem Ruf des Geldes. Aber die Rückkehr in seine Heimat wurde letztlich zu einer Art Bruchlandung. Er wurde für jeden Fehler hart kritisiert, letztlich fühlte er sich unverstanden, pfiff auf seinen Vierjahresvertrag – und packte zur Abwechslung wieder einmal die Sporttasche.

Der Blondschopf, der in Österreich nie die Anerkennung bekommen hat, die er sich so gewünscht hat, ist erneut nach Siena „geflüchtet“. Zwei Jahre hat er es diesmal ausgehalten. Und sogar vier Jahre bei Juventus Turin. Zumeist auf der Ersatzbank, weil es an Gianluigi Buffon kein Vorbeikommen gegeben hat. Manninger durfte immer nur zupacken, wenn der Weltmeister verletzt war.

Im Sommer 2012 war der Besuch bei der „alten Dame“ zu Ende. Einige Monate war Alexander Manninger in Warteposition. Friedl Koncilia hat sie ihm verkürzt. Und der FC Augsburg beendet.

Steckbrief

1977
Alexander Manninger wurde am vierten Juni 1977 in Salzburg geboren. Er kam über das BNZ Salzburg in den Kader des SV Austria Salzburg, in dem er unter Trainer Otto Barić dritter Torhüter nach Otto Konrad und Herbert Ilsanker war.

Karriere
1994–1996 SV Austria Salzburg, 1995 Vorwärts Steyr, 1996–1997 Grazer AK, 1997–2002 FC Arsenal, 2001–2002 AC Florenz, 2002 Espanyol Barcelona, 2003 Torino Calcio, 2003–2004 FC Bologna, 2004–2005 AC Siena, 2005–2006 Red Bull Salzburg, 2006–2008 AC Siena, 2008 Udinese, 2008–2012 Juventus Turin, seit 2012 FC Augsburg.

Länderspiele: 33. Größte Erfolge: englischer Meister (1997/98), FA-Cup-Sieger (1997/98), italienischer Meister (2011/12).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.04.2013)

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