Der portugiesische Pele

Fußball. ManU-Star Cristiano Ronaldo wurde zu Englands „Spieler des Jahres“ gewählt.

London. Es ist die Saison der ganz großen Genugtuung für Alex Ferguson. Nach drei verlorenen Meisterschaften hat der 65-jährige Schotte Manchester United wieder an die Spitze des Fußball-Olymps geführt: Premiership, Champions League und FA-Cup sind alle in Reichweite des Traditionsvereins aus dem Nordwesten Englands. Entscheidenden Anteil daran hat ein Mann, den Bewunderer heute schon auf eine Ebene mit Pele oder Maradona heben: Cristiano Ronaldo, der am Sonntag zum Spieler des Jahres in England gekürt wurde.

Dafür bedurfte es eines Trainers mit dem Starrsinn und Charakter Fergusons, denn vor weniger als einem Jahr war der heute 22-jährige Portugiese der Buhmann ganz Fußball-Englands. In dem müden WM-Viertelfinalspiel England gegen Portugal sorgte der ebenso brillante wie unbeherrschte Wayne Rooney für einen der wenigen Höhepunkte, als er sich mit einem unnötigen Foul an Carvalho die rote Karte einhandelte. Am heftigsten forderte den Ausschluss sein Club-Kollege Ronaldo. Der englische Boulevard brüllte, und eine Rückkehr des portugiesischen Stürmerstars zu seinem Verein nach der Sommerpause schien unmöglich.

Wette mit Trainer gewonnen

Ferguson aber setzte sich ins Flugzeug und – wie er erst dieser Tage erzählte – ging mit Ronaldo essen. „Wir haben ihm gesagt, dass der Sturm vorübergehen wird und er stark genug ist, das durchzustehen.“ Ronaldo dankt seinem Trainer diesen Vertrauensvorschuss seither unermüdlich mit Glanzleistungen. Heute sagt er: „Ich bin dadurch stärker geworden.“

Mit seiner Schnelligkeit reißt er gegnerische Verteidigungen auf, seine Tricks und Dribblings sind nicht nur noch besser geworden, er weiß sie mittlerweile auch im Dienste der Mannschaft einzusetzen, und Tore schießt er aus allen Lagen. Bei bereits 16 Treffern allein in der Meisterschaft hält er in dieser Saison. „Der Trainer hat mir eine Wette angeboten, dass ich heuer nicht mehr als 14 Tore schießen werde. Seither zahlt und zahlt er“, freut sich Ronaldo. Nicht, dass er die 400 Pfund (600 Euro) pro Extra-Tor brauchen würde. Eben erst gelang es Ferguson, den Wunderknaben für weitere fünf Jahre an Manchester United zu binden. Dafür bekommt der in bescheidensten Verhältnissen auf Madeira aufgewachsene Ronaldo kolportierte 120.000 Pfund pro Woche.

Sein Elternhaus, in dem er als jüngstes von vier Kindern aufwuchs, war so klein, dass die Waschmaschine auf dem Dach stand. Real Madrid wollte den 2003 für 12,24 Millionen Pfund von Sporting Lissabon geholten Wunderknaben für 54 Millionen Pfund abwerben. Doch was außer Geld hätten ihm die strauchelnden Madrilenen bieten können?

In der Ahnengalerie

Geführt von Ronaldo spielt Manchester eine fantastische Saison, die selbst Gegnern höchstes Lob abnötigt. „Er ist der Beste. Ich könnte United nur wegen ihm anschauen“, sagt John Terry, Abwehrchef des Erzrivalen Chelsea. Mit dem Londoner Club wird es in den nächsten Wochen zum großen Showdown kommen, denn auch der Abramowitsch-Club ist noch im Rennen um alle drei großen Trophäen. Auch hier gibt ein Portugiese den Ton an: Jose Mourinho.

Ronaldo steht längst in der Ahnenreihe von ManU. Das rote Trikot mit der Nr. 7 trugen vor ihm u.a. Legenden wie Eric Cantona und David Beckham. Mit 22 Jahren aber war keiner so gut wie er. Sagt einer, der es wissen muss: Alex Ferguson.

Inline Flex[Faktbox] ZUR PERSON("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.04.2007)

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