Bundesliga: Diese Freiheit nimmt er sich

(c) GEPA (Philipp Schalber)
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Kapitän Steffen Hofmann, 27, hat mit zehn Toren und 27 Assists den größten Anteil daran, dass sich Rapid schon fast als neuer Meister fühlen darf.

WIEN. Peter Pacult hat viele Marotten, als Trainer steht er vor allem auch für eiserne Disziplin. Fehltritte verzeiht er nicht, weder beim Training, noch beim Spiel, auch abseits des Rasens nicht. Dies alles ist auch ein Erbe von Ernst Happel, unter dem der damalige Torjäger und heutige Rapid-Coach beim FC Tirol manchmal auch gelitten hat. Werner Lorant war der zweite Peitschenknaller, der beim Wiener in seiner Zeit bei 1860 München bleibende Eindrücke hinterlassen hat. Der Floridsdorfer bestreitet dies natürlich vehement, „ich bin der Pacult, ich habe nie einen anderen Trainer kopiert.“

Daheim in seinem Revier

Wer Disziplin fordert, der muss mitunter auch die Zügel schleifen lassen. Innerhalb jeder Mannschaft braucht jeder Spieler eine individuelle Behandlung. Einer, der mehr Freiheit als alle anderen braucht, das ist Steffen Hofmann. Pacult gewährt sie dem Deutschen sogar gerne, alles andere wäre auch gleichbedeutend mit einem Schuss ins eigene Knie. Der 27-Jährige aus Würzburg ist der reifste Mann im Kader, eine Nummer 11, die eigentlich eine Mischung aus 10, 8, 7 oder 6 ist. Eine echte Position gibt es für ihn nicht, Hofmann ist dort, wo er glaubt, dass er etwas bewegen kann. Er stand heuer in allen 34 Meisterschaftspartien auf dem Platz, wurde dreimal ausgewechselt, machen unterm Strich 3036 Minuten. Diese Zeit hat der Kapitän genützt, zehn Treffer erzielt und 27 Assists geliefert. Seine Beteiligung an den 65 Treffern beträgt daher mehr als 50 Prozent.

Die Anhänger in Hütteldorf nennen ihn einfach „Fußball-Gott“, in grünweißen Fan-Foren finden seitenweise Huldigungen, auch eine Biografie („Jetzt erst recht; Er ist wieder hier, in seinem Revier“) ist über ihn bereits erschienen. Für Schlagzeilen aber sorgt der Mittelfeldspieler lieber auf dem Rasen, markige Sprüche bekommt man von einem Hofmann nie zu hören. Er wiegt jeden Satz ab, Emotionen unterdrückt er oft. Auch darum steht sein Trainer, der den Dauerläufer zum (die Schleife wanderte zunächst von Payer zu Hiden) Kapitän gemacht hat, so auf ihn.

Steffen Hofmann, der mit einer Wienerin verheiratete Familienvater (zwei Töchter), wird mit fast allen Situationen fertig. Selbst mit sturer Manndeckung – wie zuletzt beim 2:1 gegen Austria Kärnten. Sein Gegenspieler sah übrigens in weiterer Folge irgendwann Gelb-Rot. Der Deutsche („Wenn mich einer Piefke schimpft, motiviert mich das noch mehr“) ist mehr als nur ein verlässlicher Motor, der wie geschmiert rennt. Er ist in der Lage, dem Rapid-Spiel den Stempel aufzudrücken.

Dass die Hütteldorfer Tabellenführer sind, das ist vor allem der Verdienst von Hofmann, der die österreichische Staatsbürgerschaft erhalten soll. Fürs rotweißrote Nationalteam kommt er allerdings nicht in Frage, alle diesbezüglichen ÖFB-Bemühungen sind gescheitert. Und Rapid (neun Saison-Niederlagen) scheitert dann, wenn Hofmann nicht ins Spiel findet. Das Abhängigkeitsverhältnis ist enorm. Kein anderer ist in der Lage, das Steuer herumzureißen. Zündende Ideen gehen meist von der Nr. 11 aus. Standardsituationen hat er ohnedies gepachtet, seine Eckbälle und Freistöße sind bei den Gegnern gefürchtet.

Patockas Steherqualitäten

Hofmann war mit Rapid bereits 2005 Meister, damals lag Grünweiß nach 33 Runden uneinholbar in Führung, verlor allerdings die letzten drei ausständigen Partien. Meisterfeier im Hanappistadion gab es keine – am Sonntag könnte es erstmals seit 1988 soweit sein.

Vor drei Jahren auch schon dabei war Helge Payer, der bislang alle 34 Partien durchgespielt hat. Die Nummer 1 unter den Feldspielern aber ist Jürgen Patocka. Der kompromisslose Verteidiger (30) versäumte keine einzige Partie, er hat es auf 3041 Spielminuten gebracht. Dass er nie gesperrt war, grenzt an ein Wunder.

RAPIDS EFFIZIENZ

Rapid kann am Sonntag im Heimspiel gegen Altach (15.30 Uhr) den 32.Meistertitel fixieren.

Tore: Den größten Anteil daran hat Steffen Hofmann, der Kapitän hat zehn Treffer selbst erzielt und 27 Tore vorbereitet. Auf Rang zwei folgt Mario Bazina mit neun Saisontreffern, Jimmy Hoffer hält bei acht, Boskovic bei sieben. Stefan Maierhofer, erst im Winter verpflichtet, hat es bisher auf sechs Tore gebracht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.04.2008)

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