Österreichs Nationalmannschaft unterlag in der WM-Qualifikation Irland in Wien mit 0:1. Die Chancen auf eine WM-Teilnahme sind realistisch betrachtet nur noch schwindend gering.
Fußballspiele im November sind in Österreich per se keine angenehme Angelegenheit, das WM-Qualifikationsspiel gegen Irland Samstagabend im Wiener Ernst-Happel-Stadion bildete diesbezüglich keine Ausnahme. Es herrschten Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt, hinzu kam unangenehmer Wind. Vor den Eingängen sah man selbst fröstelende Iren. Das Spiel, so hofften die österreichischen Anhänger, sollte herzerwärmendes zu bieten haben, es war von enormer Bedeutung.
Mit nur vier Punkten aus drei Spielen stand die Mannschaft von Marcel Koller unter weitaus größerem Druck, Irlands Situation war eine bedeutend angenehmere. Von einem Pflichtsieg wollte Koller im Vorfeld dennoch nicht sprechen, insgeheim muss ihm jedoch sehr wohl bewusst gewesen sein, dass nur drei Punkte dienlich gewesen wären.
Keine Überraschungen
Der Schweizer vertraute mit Spielbeginn der erwarteten Formation. Kevin Wimmer erhielt auf der Position des linken Verteidigers erneut den Vorzug gegenüber Markus Suttner, Marcel Sabitzer gewann am rechten Flügel den Wettstreit mit Martin Harnik. Und auf der zentralen offensiven Position ersetzte Alessandro Schöpf den rekonvaleszenten Zlatko Junuzuvic. Für den Schalke-Legionär war es das Pflichtspieldebüt in der Startelf.
Österreich begann dieses so wichtige Spiel mit großem Engagement und hohem Tempo. Marko Arnautovic drang bereits nach 40 Sekunden in den Strafraum der Gäste ein, sorgte für den ersten Szenenapplaus. Der 27-Jährige ist seit geraumer Zeit ein anderer, ein besserer Spieler. Bei Stoke City wie auch im Nationalteam übernimmt er zunehmend mehr Verantwortung, entwickelt sich zum Führungsspieler. Für Koller ist er ohnehin alternativlos. Arnautovic ist der Mann für die speziellen Momente, für sehenswerte Dribblings, für unerwartete Abschlüsse. In der fünften Minute schnappte sich der Wiener an der Mittellinie den Ball und entschloss sich kurzerhand zu einem sehenswerten Solo über den halben Platz. Der beherzte Vorstoß endete erst an der Strafraumgrenze.
Österreich agierte speziell in den ersten zehn Minuten dominant, ging aus beinahe allen Zweikämpfen als Sieger hervor, Irland sah sich zunächst nur mit Defensivaufgaben beschäftigt. In der achten Minute kam Marc Janko frei zum Schuss, Torhüter Randolph war zur Stelle. Das ÖFB-Team blieb spielbestimmend, mit Fortdauer der Begegnung fand aber auch der EM-Achtelfinalist von der Insel Möglichkeiten vor. Etwa durch McClean, es fehlte nicht viel zum rotweißroten Unglück (13.). Auf der Gegenseite sorgten Janko (17./25.) und Schöpf (37.) für Gefahr, einem Treffer besonders nah kamen beide Mannschaften aber erst in der Schlussphase der ersten Halbzeit.
Ein Heber von Sabitzer in der 39. Minute landete an der Latte, es ging ein lautes Raunen durch das ausverkaufte Happel-Stadion. Fassungslosigkeit bei Sabitzer, Selbiges bei Koller. Den irischen Anhängern blieb nur fünf Minuten später der Jubel im Hals stecken: Perfekte Hereingabe von Brady ins Zentrum, wo Walters völlig unbedrängt den Ball ebenfalls an die Latte setzte. Pause.
Wirkungstreffer
Die zweite Halbzeit begann aus österreichischer Sicht mit einem Schockmoment. Nach einem Ballverlust von Wimmer in der Offensive schalteten die Iren schnell um, ein Diagonalpass auf McClean offenbarte schrecklich viel Platz für die Gäste, weil der aufgerückte Klein nicht zurückeilte. Dass McCleans Schuss schließlich durch die Beine von Özcan den Weg ins Tor fand, war die Höchststrafe für den bei Leverkusen als Ersatzgoalie meist unbeschäftigten Schlussmann.
Irland hatte nun kurzzeitig ein spielerisches Übergewicht, der Treffer hatte seine Wirkung nicht verfehlt. Plötzlich war die Raumaufteilung der Koller-Elf eine weitaus schlechtere, die Körpersprache eine weitaus weniger positive. Österreich lief fortan glücklos gegen eine kompakte irische Abwehr an, auch die Einwechslungen von Schaub und Harnik brachten keine Wende. Janko vergab Sekunden vor Schluss die Möglichkeit zum Ausgleich. Österreichs Chancen auf eine Teilnahme an der WM 2018 in Russland sind nach dieser 0:1-Niederlage nur noch schwindend gering. Koller wollte die Hoffnung nicht aufgeben. „Wir haben noch sechs Spiele.“
("Die Presse", Printausgabe 13.11.2016)