Europa League: Wenn Fußballwelten aufeinanderprallen

Europa League - FK Austria Wien vs AC Milan
Europa League - FK Austria Wien vs AC MilanREUTERS
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Austria Wien war gegen AC Milan chancenlos, der Qualitätsunterschied groß. Die argen Probleme in der Innenverteidigung könnten diese Saison zum Sargnagel werden.

Austria Wien erlitt zum Auftakt der Europa-League-Gruppenphase im Happel-Stadion ein böses Debakel, der AC Milan siegte hochverdient mit 5:1. Die Italiener hatten die Partie schon nach 20 Minuten und einer 3:0-Führung frühzeitig für sich entschieden. Auswärts drei Tore in den ersten 20 Minuten zu erzielen, das war in der Europa League seit Einführung des Bewerbs zuvor noch keinem Team gelungen.

Dabei hätte es für Violett eigentlich ein Festtag werden sollen, es war schon im Vorfeld kein Spiel wie jedes andere. Wenn sich der AC Milan ankündigt, dann darf von hohem Besuch gesprochen werden, wenngleich die Rossoneri zuletzt stark an Glanz vergangener Tage verloren haben. 31.409 Zuschauer fanden bei Sturm und Nieselregen den Weg ins Stadion, damit wurde das Ergebnis im Heimspiel gegen AS Roma im Herbst 2016 (32.751) knapp verpasst.

Die Austria hatte ursprünglich auf etwas verunsicherte Italiener gehofft, das jüngste 1:4 gegen Lazio Rom in der Serie A hätte schließlich durchaus mentale Spuren hinterlassen können. Das Gegenteil war der Fall. Milan begann höchst engagiert, kontrolliert, konzentriert. Calhanoglu hätte die Gäste schon in der dritten Minute in Führung bringen können, ein Reflex von Hadzikic verhinderte das Schlimmste. Der Türke Calhanoglu, er kam im Sommer um 22 Millionen Euro von Leverkusen, hatte an diesem Abend besonders große Lust am Fußballspielen.

Stets anspielbar, stellten die technischen Fertigkeiten des 23-Jährigen die gesamte Austria-Abwehr permanent vor Probleme. So auch in der 7. Minute: Nach einem schweren Aufbaufehler von Innenverteidiger Mohammed auf Höhe der Mittellinie stellte Calhanoglu zugleich seine Schnelligkeit unter Beweis – der Angriff endete mit einem satten Schuss ins Kreuzeck. Nur drei Minuten später sollte der 21-jährige Ghanaer Mohammed, der erst kürzlich durch den Transfer von Filipovic in die Türkei zur Stammkraft aufstieg, auch den zweiten Treffer der Mailänder einleiten. Diesmal verlor er einen Zweikampf mit Calhanoglu, der wiederum Silva mustergültig in den Lauf spielte: Hadzikic blieb erneut ohne Abwehrchance.

Blutjunge Innenverteidigung

Und die Austria? Sie war geschockt. Nur ein einziges Mal wurden die Wiener offensiv gefährlich, als Monschein einen Holzhauser-Freistoß verlängerte: Das erst 18-jährige Torhüter-Talent Donnarumma, er wird als Nachfolger von Gianluigi Buffon gehandelt, trat für einen Augenblick in Erscheinung (18.). Fußball spielte weiter nur Milan, das zweifelsohne seine Klasse darlegte, von der Austria aber zugleich zum Toreschießen eingeladen wurde. 20. Minute: Fürchterliche Unordnung in der Viererkette der Wiener, ein hoher Ball von Calhanoglu auf Silva – 0:3. Hadzikic konnte einem unendlich leidtun. Und das Unglück wollte für Violett kein Ende nehmen.

Nach einem Zweikampf mit Abate schied Westermann in der 42. Minute mit Verdacht auf eine Sprunggelenksverletzung aus. Der deutsche Routinier, 34, wurde durch den österreichischen U19-Teamspieler Alexandar Borkovic ersetzt. Nun bildeten ein 21-Jähriger (Mohammed) und ein 18-Jähriger (Borkovic) Austrias Innenverteidigung. Man mag es mutig nennen, vielmehr ist es aber ein Versäumnis der Klubführung, in einer Saison mit Doppelbelastung auf dem Transfermarkt nicht angemessen reagiert zu haben.

Zwar war es ausgerechnet Borkovic, der mit einem sehenswerten Kopfballtor nach Holzhauser-Eckball für das zwischenzeitliche 1:3 sorgte (47.), an der Chancenlosigkeit der Wiener änderte dies aber nichts. Silva mit seinem dritten Streich (56.) und Suso (63.) sorgten für die weiteren Tore der Mailänder. Austria hatte sich seit der Auslosung vor drei Wochen auf den Besuch aus Mailand gefreut. Letztlich war man froh, dass er nur 90 Minuten hier war.

("Die Presse", Printausgabe 15.9.2017)

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